Geschichte


Studienfach

Aufgabe der Geschichtswissenschaft ist es, alle überlieferten Zeugnisse der Vergangenheit zu sammeln und mit kritischem Vergleich auf ihren historischen Erkenntniswert hin zu untersuchen, um daraus die geschichtliche Wirklichkeit zu erschließen. Die moderne Geschichtswissenschaft entwickelte sich aus der Einsicht, daß alles, was ist, geschichtlich geworden und geschichtlich vermittelt ist. Historisierung des Wissens und Denkens ist seitdem eine Grundlage, von der aus der Mensch sich selbst und die ihn umgebende Realität versteht. Geschichtswissenschaft fragt nach Ursprung, Zusammenhang und Entwicklung menschlicher Handlungen, Erfahrungen, Denkweisen und vermittelt so Kenntnisse über politische, rechtliche, wirtschaftliche, soziale, religiöse, ideelle, kulturelle Strukturen, Systeme, Ereignisse und Prozesse.

Historische Erkenntnis wird empirisch gewonnen, d.h. sie ist das Ergebnis von Quellenstudien. Das historische Material ( = Geschichtsquellen) als Gegenstand geschichtswissenschaftlicher Forschung umfaßt menschliche Überlieferung aller Art, schriftliche und nichtschriftliche: dokumentarische Texte (Urkunden, Akten, Verträge, Korrespondenzen, Steuerregister usw.), erzählende Texte, die Wiedergabe und Auffassungen von Vergangenheit enthalten (Chroniken, Biographien, Memoiren, Reisebeschreibungen u.a.), Gegenstände (Gräber, Straßen, Münzen, Bauwerke, Kunstwerke usw.), Tatsachen (Recht, Namensgut, Sprache, Zeitrechnung usw.). In neuerer Zeit werden die Quellen immer zahlreicher; zu immer größeren Aktenmengen und gedrucktem Material wie Zeitungen, Wirtschaftsberichten, Regierungs- und Parteiprogrammen usw. kommen im 20. Jahrhundert noch Lichtbild, Film, Tonaufnahmen hinzu. Die Geschichtswissenschaft soll alle diese geschichtlich bezeugten Erscheinungen möglichst genau, unvoreingenommen und vollständig festhalten und ihre Zusammenhänge, Bedingtheiten und Wirkungen verständlich machen. Überall ist dabei Echtheit, Entstehungsort und -zeit, Anlaß und Urheber, Situationsabhängigkeit, Zusammenhang mit anderen Quellen und Übereinstimmung mit ihnen zu prüfen und der Zeugniswert danach zu beurteilen. Da die Überlieferung nicht selten bruchstückhaft, unzulänglich und nicht immer eindeutig ist, sieht sich der Historiker oft auf Kombinationen und Hypothesen angewiesen.

Die Entwicklung der Geschichtswissenschaft ist durch eine fortschreitende, nicht abgeschlossene und nicht abschließbare Differenzierung und Spezialisierung gekennzeichnet. Es gibt zeitliche Einteilungen (= Epochendisziplinen): Alte, Mittelalterliche, Neuere, Neueste Geschichte, Zeitgeschichte; regionale Differenzierungen ( = Regionaldisziplinen): Landesgeschichte, Osteuropäische Geschichte, Ostasiengeschichte, Angloamerikanische Geschichte, Geschichte der Dritten Welt; systematische Einteilungen (= Sachdisziplinen): Politische Geschichte, Rechts-, Verfassungs-, Wirtschafts-, Sozial-, Religions-, Kirchen-, Geistes-, Kultur-, Technikgeschichte u.a. Die historischen Hilfswissenschaften (Grundlagenwissenschaften) befassen sich mit der Erschließung und vorbereitenden Kritik der Geschichtsquellen: im engeren Sinn gehören dazu die Paläographie (Handschriftenkunde) einschließlich Epigraphik (Inschriftenkunde) und Papyrologie (Papyruskunde), Diplomatik (Urkundenlehre) und Aktenkunde, Chronologie (Lehre von der Zeitrechnung), Genealogie (Geschlechter- und Familienkunde), Sphragistik (Siegelkunde), Heraldik (Wappenkunde) und Numismatik (Münzkunde). Im weiteren Sinn bedient sich die Geschichtswissenschaft auch anderer Fächer als Hilfswissenschaften, der Historischen Geographie, der Sozialwissenschaften u.a.; doch handelt es sich hier um selbständige Wissenschaften, die ihre eigenen Methoden besitzen. Daneben gibt es die Vor- und Frühgeschichte schriftloser Zeiten, die sich deshalb vorrangig der Methoden und Hilfsmittel der Archäologie bedient.

Viele Wissenschaften haben sich historisiert und deshalb historisch orientierte Teilgebiete entwickelt (Theologie, Rechtswissenschaft, Philologien u.a.). Daraus ergibt sich für die Geschichtswissenschaft die Notwendigkeit interdisziplinärer Zusammenarbeit. So arbeiten u.a. seit langem Alte Geschichte, Klassische Philologie, Klassische Archäologie, Ägyptologie und Altorientalistik zusammen. Zahlreiche Forschungsthemen werden unter historischen Aspekten interdisziplinär untersucht, so z.B. die "Stadt- und Dorfgeschichte" von Historikern, Geographen und Soziologen. Indem Geschichtswissenschaft alles als etwas Gewordenes erfaßt, erschließt sie den Zugang zu vielen Bereichen wissenschaftlicher Orientierung und zu den Ergebnissen verschiedenster Fächer. Geschichtswissenschaft öffnet auch das Verständnis für die eigene Epoche. Nur von einem persönlichen geschichtlichen Standpunkt aus kann sich der Historiker in andere Formen des Denkens und Handelns, in fremde Zeiten und Kulturen hineinversetzen. Über Vergangenheit kann nur reflektieren, wer sich die Gegenwart bewußt macht.

Studienabschlüsse

Das Studium der Geschichte kann an der Universität Würzburg mit der Magisterprüfung oder mit einer Staatsprüfung für ein Lehramt abgeschlossen werden.

Die Staatsprüfung in Geschichte kann in Würzburg als "vertieftes" oder "nicht vertieftes" Fach abgelegt werden. "Vertieft" studiert wird es für das
Lehramt an Gymnasien (in den Fächerverbindungen Deutsch/Geschichte und Englisch/Geschichte);

"Nicht vertieft" wird Geschichte studiert als Unterrichtsfach im Rahmen folgender Lehrämter:
- Lehramt an Grundschulen (in der Fächerverbindung Geschichte/Didaktik der Grundschule)
- Lehramt an Hauptschulen (in der Fächerverbindung Geschichte/Didaktiken einer Fächergruppe der Hauptschule)
- Lehramt an Realschulen (in den Fächerverbindungen Deutsch/Geschichte und Englisch/Geschichte)

Bei allen Lehrämtern kann Geschichte als weiteres Fach ("Erweiterungsfach") freiwillig dazugenommen werden.

Die Magisterprüfung wird an der Universität Würzburg in einem Hauptfach und zwei Nebenfächern abgelegt. Folgende Teilgebiete der Geschichte können als Hauptfach gewählt werden:

Alte Geschichte (Pflichtnebenfach: Lateinische oder Griechische Philologie)

Mittelalterliche Geschichte
Neuere und Neueste Geschichte
Geschichtliche Hilfswissenschaften
Landesgeschichte
(Pflichtnebenfach: Ein weiteres dieser vier Teilgebiete. Das zweite Nebenfach darf nicht aus dieser Gruppe kommen.)

Jedes dieser Teilgebiete ist auch als Nebenfach zu einer anderen Fächerkombination möglich.

Die Promotion zum Dr. phil. in Geschichte ist nach jedem dieser Abschlüsse möglich.

Studienbeginn und Studiendauer

Das Studium der Geschichte kann im Sommer- und Wintersemester begonnen werden. Der Magisterstudiengang dauert 9 Semester, das Lehramt an Gymnasien 10 und die anderen Lehrämter 8 Semester.

Studienaufbau

Das Studium gliedert sich in ein Grundstudium von 3-4 Semestern und ein Hauptstudium. Der Studienaufbau ist für alle Studiengänge im Grundstudium praktisch gleich; erst im Hauptstudium wird stärker differenziert.

Im Studiengang "Lehramt an Gymnasien" und im Magisterstudiengang wird das Grundstudium mit der Zwischenprüfung abgeschlossen.

Auszug aus der Zwischenprüfungsordnung
§ 23 Geschichte

    (1) Fachliche Zulassungsvoraussetzungen:

1. Nachweis des Latinums,

2. Nachweis der erfolgreichen Teilnahme an einem Proseminar zur Einführung in das Geschichtsstudium,

3. Nachweis der erfolgreichen Teilnahme an je einem Proseminar in alter, mittlerer und neuerer bzw. neuester Geschichte.

    (2) Inhaltliche Prüfungsanforderungen:

1. Grundkenntnisse der politischen Geschichte, der Verfassungsgeschichte und der Sozialgeschichte in Altertum, Mittelalter und Neuzeit,

2. Fähigkeit, fremdsprachliche historische Texte zu übersetzen und inhaltlich zu erläutern.

    (3) Durchführung der Zwischenprüfung:

Die Zwischenprüfung erfolgt schriftlich; die Benützung von Wörterbüchern ist gestattet.

1. Übersetzung eines mittelschweren lateinischen Textes, wahlweise aus dem Bereich der alten oder mittleren Geschichte; Beantwortung von Fragen zum Text (Bearbeitungszeit: 2 Stunden). Übersetzung und Beantwortung der Fragen müssen jeweils mindestens mit "ausreichend" bewertet werden.

2. Übersetzung eines mittelschweren Textes aus dem Bereich der neueren oder neuesten Geschichte, wahlweise in englischer oder französischer Sprache; Beantwortung von Fragen zum Text (Bearbeitungszeit: zwei Stunden). Übersetzung und Beantwortung der Fragen müssen jeweils mindestens mit "ausreichend" bewertet werden.

Sprachkenntnisse

Für die Magister-, die Doktor- und die Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien wird das Latinum verlangt. Nur für das Nebenfach "Neuere und Neueste Geschichte" wird das Latinum nicht verlangt, sofern in Geschichte keine Zwischenprüfung abgelegt wird. Für die Magister- und Doktorprüfung im Hauptfach Alte Geschichte ist auch das Graecum nachzuweisen. Fehlende Sprachkenntnisse sind im Grundstudium nachzuholen. Auf Englisch und Französisch kann ebenfalls nicht verzichtet werden. Das Institut für Geschichte bietet regelmäßig Übungen zu lateinischen, englischen und französischen Texten an, die der Vertiefung der Sprachkenntnisse dienen sollen.

Berufsfelder

Ein Berufsbild des Historikers gibt es nicht; sein Hauptbetätigungsfeld liegt traditionell im Lehramtsbereich. Außerhalb des Schuldienstes und der wissenschaftlichen Arbeit an Hochschulen und Forschungsinstituten bestehen nur in beschränktem Umfang Beschäftigungsmöglichkeiten, die für Historiker typisch sind. Gleichzeitig haben Geschichtswissenschaftler gerade durch ihre breit angelegte Ausbildung eine gute Startposition für verschiedene, mehr oder weniger fachferne Aufgabengebiete, z.B. in:

Archiv, Bibliothek, Dokumentationsstellen
Erwachsenenbildung
Medien (Verlage, Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk, Fernsehen)
Kultur (Museen, Ausstellungswesen, Denkmalpflege, Goetheinstitute, Geschichtsvereine)
Fachferne Bereiche (Öffentliche Verwaltung, Unternehmen, Verbände, Politikberatung)

Hier erfordert der Berufseinstieg frühzeitige Orientierung, Hartnäckigkeit, Praktika während des Studiums, Kontaktpflege und den Erwerb von Zusatzqualifikationen (z.B. EDV, Rhetorik).

Auch darf die Tatsache, daß immer wieder "Nischen" gefunden werden, nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Stellensituation aufgrund der großen Zahl der Bewerber insgesamt sehr angespannt ist.

Tips für Erstsemester

Im ersten Semester sollte das "Proseminar zur Einführung in das Geschichtsstudium" besucht werden. An anderen Proseminaren darf man noch nicht teilnehmen, so daß als Ergänzung Vorlesungen und Übungen in Frage kommen - und natürlich Veranstaltungen im Neben-/Zweitfach.

Studienberatung

Das Institut für Geschichte gehört zur Philosophischen Fakultät II. Der Lehrstuhl für alte Geschichte befindet sich in der Residenz, Residenzplatz 2, 97070 Würzburg; alle übrigen Lehrstühle im Philosophiegebäude, Am Hubland, 97074 Würzburg.

Die Namen und Sprechzeiten der Fachstudienberater stehen im Vorlesungsverzeichnis. Sie sind auch telefonisch zu erfahren (0931/888 5541 oder 888 5521).

Die Zentrale Studienberatung hilft in allgemeinen und fachübergreifenden Fragen.


Letzte Änderung 31.08.99;
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