Zum (bislang) letzten »Großen Ruck«
Wir haben schon früher [1] auf die Einsicht von Egon Friedell in dessen Kulturgeschichte der Neuzeit verwiesen, die er als Arthur Koestler'scher Nachtwandler mit somnambuler Sicherheit für das Jahr 1348xK als Knotenpunkt zwischen Mittelalter und Inkubationszeit" - dem Auftakt zur Neuzeit - vertritt: Wenn es wahr ist, daß damals ein großer Ruck, eine geheimnisvolle Erschütterung, ein tiefer Konzeptionsschauer durch die Menschheit ging, so muß auch die Erde irgend etwas Ähnliches durchgemacht haben, und nicht bloß die Erde, sondern auch die Nachbarplaneten, ja das ganze Sonnensystem. Die Zeichen und Wunder, die die beschränkte Leichtgläubigkeit" jener Zeit erblickte, waren wirkliche Zeichen, deutliche Äußerungen eines wunderbaren Zusammenhanges des gesamten kosmischen Geschehens." [2]
Diese Einsicht erhält heute Unterstützung durch die Ergebnisse der statistischen Analyse von Claudius Ptolemäus' Almagest, wie sie von Anatoly T. Fomenko, Vladimir V. Kalashnikov und Gleb V. No-sovsky [3] vorgestellt wird.
Zum einen zeigt der Vergleich der Finsternissequenzen mit retrokalkulierten astronomischen Daten auf jeden Fall, daß sie der vorgeblichen Ent-stehungszeit des Almagest im 2. Jh.xK überhaupt nicht entsprechen (wobei übrigens - es sei beiläufig angemerkt - Das Verbrechen des Claudius Ptolemäus" [4] durchaus so aufgefaßt wird, wie wir es bei Erscheinen des Buches vor 1½ Jahrzehnten selber schon beurteilt haben: der Astronom R. R. Newton meint zu Unrecht, der Autor des Almagest habe in böswilliger Absicht seine Beobachtungen nur vorgetäuscht und aber eigentlich errechnet; daß es sich also vielmehr um - wenn auch auf eine andere Epoche umgerechnete - echte, aber unter anderen Verhältnissen angestellte Beobachtungen handelt, was sich dann aufgrund der statistischen Vergleiche im übrigen auch nachweisen läßt). Die Finsternissequenzen passen vielmehr in eine Zeitspanne zwischen dem 9. bis 12. Jh.xK und die Erstveröffentlichung des Almagest sehen wir schließlich ins 16. Jh.xK verlegt. Gegenüber den astronomischen Computerkalkulationen noch geringfügige Abweichungen und einige - im Zusammenhang mit der an sich bekannten Problematik der Identifikation der Gestirne im Katalog des Ptolemäus mit Sternen unserer modernen Listen - gerade auch durch die statistische Evaluation hervortretende Ausnahmegrößen könnten voraussichtlich sogar einer Lösung im Rahmen der Rekonstruktion der Mensch-heits- & Naturgeschichte (RMNG) zugeführt werden, wenn einmal das aktualistische Axiom aufgegeben ist, wonach sich vor unserer Gegenwart im Sonnensystem (und das ja im Widerspruch zu Allem, was wir in unseren Bibliotheken überliefert finden!) niemals andere Vorgänge ereignet haben als die, welche heute zu beobachten sind
Zum andern bestätigen die Statistikmethoden von Fomenko et al. - unabhängig davon, ob wir ihrer Neuzeitdatierung des Almagest nun folgen wollen oder nicht! - deutlich hervor, daß letztendlich die Lage der Ekliptikebene niemals mit den heute gemessenen Werten zur Übereinstimmung zu bringen ist. Hier stoßen die Autoren an die vom Aktualismus gesetzten Grenzen. Keine noch so scharfsinnige Ideenkette, kein noch so subtil verfolgtes Kalkül, nichts führt daran vorbei, daß die Erde - halten wir uns frei von uniform-evolutionistischen oder glaubensbedingten Interpretationen - auf ihrer Bahn um die Sonne eine andere Lage, eine gegenüber der heutigen andere Position einnahm, als der Autor des Almagest-Sternkatalo-ges seine Himmelsbeobachtungen anstellte. Die Erde muß - im Prinzip vor der gregorianischen Kalenderreform - um eine gegenüber der Ekliptik etwas stärker geneigte Achse rotiert haben.
Nun kommen die Daten natürlich nicht auf diese Art als Klartext zur Geltung, sondern werden eben im Sinne der herrschenden astronomischen Lehre aufgefaßt und vornehmlich als Mängel bei der Beobachtung, als Ergebnis vorgeblich ungenügender Kenntnis der Himmelsmechanik oder dann als Kalkulationsfehler gewertet. Folgen wir indessen direkt der überlieferten Auskunft, auch ihrer von modernen Interpretationen befreiten Tendenz, so lassen sich immerhin eine Anzahl früher schon vorgestellter Thesen erhärten und Vorgänge rekonstruieren.
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Die Skizze illustriert - na-tür-lich in über-triebenem Maß-stab - das Kip-pen der Erd-achse aus der ge-strichelt wie-dergegebenen frü-heren in die heute ge-gen-über der Ekliptik stei-lere (aus-gezo-gen gezeichnete) Po-sition. Darge-stellt ist auch, wie sich dabei die aktuell gel-tende - also nie-mals, was so manche gerne denken möch-ten, auf ent-spre-chende Dauer ein-gerichtete! - Prä-zession auf ihren derzeitigen Wert ver-kürzte. Wenn übri-gens der frühere Frühlingspunkt tatsächlich auf dem 21. März lag, so errechnet sich die Verringerung des Winkels zwischen Äquator- und Ekliptikebene direkt aus den 10 Tagen, um welche das Jahr anläßlich der gregorianischen Kalenderreform verkürzt werden mußte, nachdem die Beobachtungen den neuen Schnittpunkt ergeben hatten.
Nichts im Zusammenhang mit den sich bei Fomenko unter anderem abzeichnenden weiteren Chronologieverkürzungen widerspricht auch unseren Vorstellungen von den Ursachen für das Achsenkippen. Im Gegenteil, eine gewisse Ausweitung der Überlegungen im Rahmen der Elektromaschinerie des Sonnensystems legt nun nahe, daß der bislang letzte große Ruck" nicht nur von einem relativ nahen Vorbeiflug des Merkur gekennzeichnet war, sondern überhaupt den letzten Ausgleich zwischen mindestens den inneren Planeten und Jupiter umfaßte, d. h. daß zu diesem Zeitpunkt deren Abhängigkeiten voneinander endgültig zum Ausgleich gelangten. Dannzumal, vor rund 700 Jahren, gelangten also Venus und Merkur auf ihre heutigen Umlaufbahnen, Erde und Mars paßten sich den neuen elektrischen Umgebungsverhältnissen an und auch das Jupitersystem, zwischen Saturn und Sonne wohl nach wie vor eine energetisch vorherrschende Rolle spielend, wird sich seit dann dem allgemeinen Gleichgewicht eingefügt haben.
Die Klimaforscher sind nun eingeladen, anstelle der geliebten Treibhaus- und Ozonlochmodelle zu rekonstruieren, wie nach diesem Achsenkippen Grünland [5] recht schnell seine kilometerdicke Eisdecke akquirieren konnte, inwiefern der Permafrost Sibirien zu dieser Zeit heimsuchte, andererseits große Teile des nordamerikanischen Kontinentes vom Eis befreit wurden. Von den Geo- und Archäologen wiederum hätten wir jetzt gerne eine brauchbare Schichtenabfolge zwischen Hellenismus und heute gültig für ganz Eurasien.
Und die Psychoanalytiker seien wieder einmal daran erinnert - und zur Abhilfe aufgefordert -, daß zwar kranke Individuen allemal ein gewisses Maß an Betreuung verdienen, die zwangsneurotischen Veranstaltungen des Kollektivs aber mehr Unglück über erstere bringen als es umgekehrt je der Fall sein kann. Die letzten Anpassungen im Sonnensystem, genau bekannt doch aus zeitgenössischen Quellen, sind aber mitnichten bewältigt und der Mensch", wie Friedell a. a. O. richtig vermerkt, durch so viel Schlimmes und Widerspruchsvolles an Gegenwart und Zukunft irre geworden, taumelte erschreckt umher und spähte nach etwas Festem". Das aber tut er noch immer und investiert für diese Suche immense Mittel in seine Philosophien, Religionen und Wissenschaften, allerdings nur um sich dafür die Verdrängung des traumatisieren-den Erregungshintergrundes einzuhandeln, die ihn ihrerseits wiederum - im Teufelskreis - ins irrationale Handeln zurückführt.
2. 5. 51UK [20. 7. 1995XK] Marx c/o PAF
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[1] Von Atern & Des
[Mitteilungen von Christoph Marx an das Zeitensprünge-Jahrestreffen 7./8. 3. 51WK in Gräfelfing] (CH-4002 Basel)
[2] Egon Friedell Kulturgeschichte der Neuzeit (1927/31 München 1976) I 3. Kap. (m/Hervorhe-bung)
[3] Dazu: A. T. Fomenko Empirico-Statistical Analysis of Narrative Material and its Applications to Historical Dating I, II (Dordrecht et al. 1994); s. dort v. a. Astro-nomical and Mathematical Analysis of the Almagest" (I 113 ff), Appendix 2 & 3 (II 346 ff). Des weiteren in Anatoly T. Fomenko, V. V. Kalash-nikov, G. V. No-sovsky Geometrical and Statistical Methods of Analysis of Star Configurations: Dating Ptolemy's Almagest (Boca Raton FL/USA 1993).
[4] R. R. Newton The Crime of Claudius Ptolemy (Baltimore 1978)
[5] Entgegen den grandiosen Behauptungen der Eiskernabenteurer werden bekanntlich ja nur (wenn überhaupt etwas) die einzelnen Schneefall- und keineswegs Jahres"-Ringe gezählt. S. zuletzt dazu Gunnar Heinsohn Für wieviele Jahre reicht das Grönlandeis" in Vorzeit - Frühzeit - Gegenwart (Dez. 1994)