Nikolaj Aleksandrowitsch Morozow:
Enzyklopädist und Wegweiser der Chronologie - Revision
Eugen Gabowitsch, Im Eichbäumle 85, 76139 Karlsruhe
Der wichtigste Vorgänger der Moskauer Gruppe "Neue Chronologie" (A.T. Fomenko, G.V.Nosovski, V.V.Kalaschnikov und viele andere, wir berichteten im vorigen Heft über diese Gruppe) war zweifelsohne der hervorragende russische Naturwissenschaftler Nikolaj Morozow (8.07.1854=25.06.1854-30.07.1946), im Weiteren oft kurz NM. In Rußland ist er außerdem als Revolutionär und Schriftsteller bekannt. Sein revolutionärer Geist führte ihn nicht nur in den radikalen politischen Kampf - bis hin zum Terrorismus - gegen das russische Zarenregime, sondern auch zu originellen Ideen in den Naturwissenschaften und völlig neuen Vorstellungen über die Chronologie und Geschichte [1-8].
NM wurde im Landgut Borok des Gebiets Jaroslawl geboren. Morozows Vater Pjotr Alexejewitsch Schtschepotschkin, ein reicher Vertreter des alten Adeltums, war Besitzer des Guts, seine Mutter Anna Wasiljewna Morozowa - Schtschepotschkins leibeigene Bäuerin. Vor der Heirat gab der Vater seiner künftigen Frau den Freibrief. Weil aber das Paar nicht kirchlich getraut wurde - der Adelsmarschall Schtschepotschkin konnte oder wollte den Widerstand der Kirche und der standesgleichen Nachbarn nicht überwinden - trugen die Kinder den Familiennamen der Mutter.
Die Sowjetmacht (in der Tat, Lenin höchstpersönlich) gab NM zur Würdigung seiner revolutionären und wissenschaftlichen Verdienste 1923 sein Landgut auf Lebenszeit zurück - eine seltene Erscheinung in einer Zeit der totalen Nationalisierung. Auch die letzten Lebensjahre bis zu seinem Tod verbrachte Morozow dort. Im Jahr 1931 übergab er den größten Teil des Guts der Akademie der Wissenschaften (AdW) der UdSSR, die dort ein Erholungszentrum für sowjetische Akademiemitglieder einrichtete. 1938 initiierte NM in Borok eine Oberwolga-Zweigstelle der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften. Nach seinem Tod wurde sein Geburtshaus in ein ihm gewidmetes Museum umgewandelt. Dieses Museum sowie das Erholungszentrum der AdW existieren auch heute noch.
Seine gründlichen Kenntnisse der Mathematik, der Naturwissenschaften und der Geschichte sowie seine weitreichenden Sprachkenntnisse erwarb er sich als Autodidakt, hauptsächlich während seiner fast dreißigjährigen Einkerkerung in verschiedenen russischen Gefängnissen. Diese ungewöhnliche Art des Lernens war der Grund für die Originalität seiner Gedanken, da er nie von Lehrern oder Professoren gedrillt und auf die "Richtigkeit" seiner Kenntnisse überprüft wurde.
Teil 1. Biographie
GRUNDAUSBILDUNG:
Kindheit: frühes Interesse an Naturwissenschaften.
1869: mit 15 Jahren wird NM Schüler am Zweiten Moskauer Gymnasium.
1870: organisiert dort einen geheimen Verein der Liebhaber der Naturwissenschaften, leitet ein naturwissenschaftliches Seminar und gibt eine handgeschriebene Zeitschrift heraus. (Die Naturwissenschaften waren als politisch gefährlich aus dem russischen Gymnasialprogramm verbannt.)
1871-72: Gasthörer an der Universität Moskau, vertieftes Studium der Mathematik, Astronomie, Geologie, Botanik und Anatomie.
1874: Ausschluß aus dem Gymnasium wegen seiner politischen Tätigkeit. Totales Ausbildungsverbot.
POLITISCHE TÄTIGKEIT und AUTODIDAKTISCHE WEITERBILDUNG:
Ab 1874 gehörte NM verschiedenen revolutionären Gruppen der Narodniki (Volkstümler) an, die eine Bauernrevolution wünschten, gegen die kapitalistische Entwicklung Rußlands kämpften und im sozialistischen Gedankengut ihre geistige Heimat suchten.
1874:
- "Geht ins Volk": verläßt seine Familie, arbeitet als Schmiedsgeselle und Holzfäller, lebt in verschiedenen Dörfern und führt dort das Leben eines revolutionären Propagandisten.
- Rückkehr nach Moskau, "revolutionäre" Lesungen für Arbeiter,
- Emigriert nach Genf, Herausgabe der illegalen Zeitschrift "Der Arbeiter"
1875:
- Mitglied der Ersten Internationale,
- Rückkehr nach Rußland im Frühling, Verhaftung an der Grenze, Freilassung unter Auflagen, Prozeß gegen die Volkstümler ("Prozeß der 193"), Verurteilung: drei Jahre Haft.
1875-78: Die erste Haft, autodidaktische Studien von Fremdsprachen und der Mathematik.
1878: Mitglied der wichtigsten revolutionären (und terroristischen) Organisation "Zemlja i Wolja" ("Erde und Wille"), Mitherausgeber der gleichnamigen Zeitschrift. Lebt illegal, befürwortet den totalen Terror.
1879: Teilnahme an zwei Kongressen der "Zemlja i Wolja". Nach ihrer Spaltung gehört MN der Führung der sozialistisch orientierten Nachfolgeorganisation "Narod i Wolja" ("Volkswille") an, ist ein führendes Mitglied der Bewegung Narodnaja Wolja (Narodowolzy).
!880: Zweite Emigration nach Genf:
- Herausgabe der Zeitschrift und Bücherreihe "Russische sozial-revolutionäre Bibliothek",
- Vorbereitung einer "Geschichte der russischen revolutionären Bewegung",
- Gasthörer an der Universität Genf,
- Treffen mit Karl Marx in London, Auswahl von Büchern von Marx und Engels zur Übersetzung ins Russische (Das "Kommunistische Manifest" erscheint 1882 mit einem Vorwort der beiden Autoren in der Bücherreihe "Russische sozial-revolutionäre Bibliothek"),
!881: Rückkehr nach Rußland, zweite Verhaftung an der Grenze, Haft in der Petropawlowsk-Festung.
1882: Zweite Verurteilung (lebenslänglich) im Zuge des "Prozesses der 20 Narodowolzy" nach der Ermordung des russischen Zaren Alexanders des II.
1882-84: Haft in der Petropawlowsk-Festung.
1884-1905: Haft im berüchtigten Schlüsselburg-Gefängnis, davon die ersten vier Jahre strenge Einzelhaft ohne das Recht zu schreiben oder Bücher zu lesen. Weitere autodidaktische Studien, darunter auch von Sprachen (Französisch, Englisch, Deutsch, Italienisch, Spanisch, Latein, Altgriechisch, Hebräisch, Altslawisch, Ukrainisch und Polnisch). Vertieft sich in die Fächer Chemie, Physik, Mathematik, Astronomie und Geschichte. Schreibt 26 Manuskript-Bände.
1905: Im November Befreiung während der Ersten Russischen Revolution.
1912-1913: Dritte Haft wegen der Publikation einer Auswahl seiner jugendlichen Gedichte (das neunundzwanzigste Jahr im Gefängnis)
SCHRIFTSTELLERISCHE UND WISSENSCHAFTLICHE TÄTIGKEIT
(in anderen Gebieten als die Chronologie-Revision)
1906: Nach seiner Befreiung widmet sich NM mit 51 hauptsächlich der pädagogischen, wissenschaftlichen und schriftstellerischen Tätigkeit, veröffentlicht viele literarische Werke (Gedichte, Erinnerungen, Essays) sowie einen Artikel über die Wasserkristallisation. Nach Empfehlung von D. I. Mendelejew wird NM für sein Manuskript "Periodische Systeme des Aufbaus der Materie " ohne Promotion der akademische Grad eines Doktors der Chemie (honoris causa) zuerkannt. Mitglied der Russischen Gesellschaft für Physik und Chemie.
1907: Veröffentlicht dieses Manuskript mit dem Untertitel "Theorie der Entstehung der chemischen Elemente" als Buch (XVI+437 S.), das Buch "D. I. Mendelejew und die Bedeutung seines periodischen Systems für die Chemie der Zukunft" (IV+104+XI S.), sowie mehrere wissenschaftliche Artikel über das periodische System von Mendelejew, in welchen einige sich später bewahrheitende Voraussagen gemacht werden: die Existenz der Edelgase, die Komplexität der inneren Struktur der Atome, die Möglichkeit der Atomenergienutzung, die Möglichkeit der Umwandlung eines Atoms in ein andersartiges. Professor für analytische Chemie an der Freien Hochschule von P. F. Lesgaft. Mitglied der Russischen Astronomischen Gesellschaft und einiger anderer russischer wissenschaftlicher Vereinigungen.
1908: Publikationen zur qualitativen physikalisch-mathematischen Analyse unterschiedlicher Naturereignisse (Buch, XII+402 S.), über den Widerstand elastischer Medien gegen bewegende Körper (Broschüre, 66 S.), Radioaktivität, Chemie, Gravitationstheorie, Astronomie, molekulare Kräfte (Artikel), publizistische und literarische Werke. Astronomie-Vorlesungen in Paris. Mitglied der Französischen und der Englischen Astronomischen Gesellschaften.
1909: Vorsitzender der Russischen Gesellschaft für Universelle Studien (Mirowedenije). Bücher "Die Suche nach dem Steins der Weisen (St. Petersburg, Verlag Obschtschestwennaja Pol'za, 300 S.) und "Einführung in die Vektorenalgebra ..." (gleicher Verlag, VI+178 S., Tabellen). Publikationen zu folgenden Themen: Evolution der Materie im Universum, Allotropie - Zustände verschiedener chemischer Elemente, Kosmologie, Gravitationstheorie (auf Italienisch), Umwandlung von Metallen. Mehrere publizistische und literarische Artikel, Übersetzungen (zwei Werke von Herbert George Wellls: "Vor 50 Tausend Jahren" und "Die Zeitmaschine").
1910: Mitglied des Wissenschaftlichen Rats des Biologischen Laboratoriums von P. F. Lesgaft (St. Petersburg), Ehrenmitglied der Moskauer Gesellschaft der Naturforscher, Mitglied des All-Russischen Luftfahrt-Klubs (1917 wird er Vorstandsmitglied und stellvertretender Vorsitzender). Bücher: "An der Grenze des Unbekannten: Astronomische und physische Halbphantasien" (Moskau, Zweno, 189 S.) und "Briefe aus dem Schlüsselburg-Gefängnis (St. Petersburg, Awerjanow, 267 S.). Broschüren "Was kann uns ein Treffen mit einem Kometen bringen? Öffentliche Vorlesung" (Moskau, Sytin, 64 S., Zeichnungen, Tabellen, Porträts) und "Die Evolution der Materie auf den Himmelskörpern. Eine theoretische Abteilung des periodischen Systems. Dresden, Steinkopff, 41 S.). Artikel über die Abhängigkeit der Gravitationskraft von der Temperatur, allotropische Zustände chemischer Elemente, Astronomie, Geologie, Gedichte und Memoiren.
1911: Das Buch "Das Universum" (Moskau, Mir, 300 S., Bilder). Veröffentlichungen zu den folgenden Themen: Astronomie, Natur und Mathematik, Notwendigkeit einer neuen Untersuchung der Gravitationskraft, Innerer Aufbau der Himmelskörper, Aeronautik, Philologie, literarische Autobiographie. Verurteilung zu einem Jahr Gefängnisstrafe.
1912-1918: Mathematisches Lehrbuch "Die Funktion..." (Kiew, Sotrudnik, 1912, XII+464 S.). Mehrere Veröffentlichungen zur Astronomie, Astro- und Geophysik, Aeronautik etc. Wegen der Haft, der neuen politischen Spannungen und des ersten Weltkriegs - überwiegend publizistische und literarische Werke. Vier Bände seiner aufgezeichneten Erinnerungen (302 S., 280 S., 264 S., 309 S.). Vorlesungen über die Luftfahrt in mehreren russischen Städten. Vorlesungsreisen nach Sibirien und zur pazifischen Küste Rußlands. Redaktionelle Tätigkeit in mehreren Publikationen. Broschüre "Linguistische Spektren: Mittel zur Unterscheidung zwischen Plagiaten (literarischen Fälschungen? - E.G.) und echten Werken bekannter Autoren (Petrograd, Druckerei der Akademie der Wissenschaften, 1916, 42 S.).
NACH DER OKTOBERREVOLUTION
Ab 1918: Leiter eines großen Forschungszentrum für Naturwissenschaften in Petrograd und Leningrad (P. F. Lesgaft-Institut), Herausgeber der wissenschaftlichen Zeitschrift dieses Instituts ("Izwestija"). Wird vor allem als Chemiker hoch geschätzt.
Trotz seines Alters (1918 wird er 64.) veröffentlicht NM bis 1932 wissenschaftliche Artikel und Bücher. Obwohl sich unter seinen Publikationen dieser Jahre neben literarischen und publizistischen Veröffentlichungen auch mehrere Artikel zur Relativitätstheorie und Astronomie befinden, ist NM ab Anfang der zwanziger Jahre hauptsächlich mit der Ausarbeitung statistischer und mathematisch-astronomischer Methoden beschäftigt, die eine Überprüfung der Geschichtsschreibung erlauben (s. unten - Teil 2).
1932: Wahl zum Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR.
1932-46: Hauptsächlich literarische und publizistische Veröffentlichungen, darunter mehrere Neuauflagen seiner Memoiren. Wissenschaftliche Artikel und Broschüren: "Gelten alle Kräfte und Gesetze des Universums überall?" (1935, 4 S.), "Faktoren der biologischen Evolution" (1936, 26 S.), "Einwirkung des zentralen Körpers der Galaxie und ihrer weiteren Supersonnen auf die uns betreffenden geophysikalischen und meteorologischen Erscheinungen" (1938, 3 S.), "Möglichkeit der wissenschaftlichen Vorausberechnung des Wetters bei Berücksichtigung galaktischer Einflüsse " (1944, 9 S.).
1934, 1939, 1944 und 1945 - Verleihung von hohen staatlichen Auszeichnungen. 1945-46: Mitglied des Wissenschaftlichen Rats des Instituts für Geschichte der Naturwissenschaften der AW der UdSSR.
Auch posthum wurden bis 1979 (weitere Angaben sind mir z. Zt. noch nicht zugänglich) seine Briefe und literarischen wie astronomischen Werke regelmäßig veröffentlicht und neu aufgelegt.
Teil 2. Chronologie-Revision
DATIERUNG DES BUCHES JOHANNES
1907 erscheinen zwei Ausgaben seines ersten Buches mit kritischen Betrachtungen biblischer Texte: "Offenbarungen in Gewitter und Sturm. Geschichte der Entstehung der Apokalypse." (St. Petersburg, Verlag der Zeitschrift "Byloje" (304 S., Bilder, Tabellen) und "Offenbarungen in Gewitter und Sturm. Zweite verbesserte und korrigierte Ausgabe mit 65 Zeichnungen" (Moskau, Sablin Verlag, XIV+322 S.). Zu diesem Thema heilt er schon am 12.12.1906 einen Vortrag (Russische physikalisch-chemische Gesellschaft, Abteilung Physik, der 1907 veröffentlicht wurde. Die dritte Auflage, wieder verbessert und korrigiert, erschien 1910 (Moskau, Sablin Verlag, XVIII+335 S., Bilder, Tabellen).
Das Buch wurde 1908 in lettischer, 1909 in estnischer und polnischer Sprache herausgegeben. 1912 erschien die deutsche Übersetzung: "Die Offenbarung Iohannis. Eine astronomisch-historische Untersuchung/Mit einem Geleitwort von Prof. A. Drews. - Stuttgart: Spemann, XX+229 S, Abb., Taf.)
Im Buch behauptet NM, daß schwer zu deutende Texte des Buches Johannes im Neuen Testament eine Horoskop-Beschreibung beinhalten, die in einer Sprache verfaßt wurde, die für mittelalterliche Astrologen üblich war, später aber völlig in Vergessenheit geriet. Die Deutung dieses Horoskops durch NM führte ihn zu dem Schluß, daß die Datierung dieses Buches um etwa 300 Jahre näher an unsere Zeit gerückt werden muß.
Das Buch blieb nicht ohne Kommentar und Kritik. Hier einige (aus dem Russischen übersetzte) Titel dazu:
W. F. Ern, "Offenbarungen in Gewitter und Sturm": Besprechung des Buchs von N. A. Morozow", Sergiew Posad, Bogoslowskie Westi (Theologische Nachrichten), 1907, Nr. 10, S. 282-311.
N. P. Aksakov, Grenzenlosigkeit der Ungebildetheit und Apokalypse: Kurze Antwort auf das Buch von N. A. Morozow (24 S., 1908 in zwei verschiedenen Ausgaben erschienen)
P. Astrov, Anläßlich des Buchs von N. Morozow "Offenbarungen in Gewitter und Sturm" (Moskau, Sytin, 1908, 16 S.)
N. Nikolski, Streit der historischen Kritik mit der Astronomie: Anläßlich des Buchs von N.Morozow "Offenbarungen in Gewitter und Sturm" (Moskau, 1908, 32 S.)
N. Ivanov, "Offenbarungen in Gewitter und Sturm: Kritische Analyse des Buchs von Morozow" (Tomsk, 1915, 44 S.)
NM antwortete seinen Kritikern in einigen Vorträgen und in vielen Publikationen, darunter auch in den folgenden:
"Apokalyptische Tiere: Eine Antwort an meine Kritiker", Rus, 1907, 21 Apr., Nr. 111.
"L'apocalypse et l'astronomie, exposé par M. Rollet de L'Isle", Bull. Soc. astr. Fr., an 22, p 166-168.
ZWEITER SCHLAG GEGEN DIE TRADITIONELLE CHRONOLOGIE.
1914 erschien in Moskau das Buch "Propheten. Geschichte der Entstehung der biblischen Prophezeiungen, ihre literarische Darstellung und Charaktereigenschaften" von NM (Moskau, Sytin, 310 S. mit Illustrationen)
Er präsentiert in diesem Buch Berechnungen für mehrere in der Bibel in versteckter Form erwähnte und von ihm entdeckte astronomische Ereignisse. Nach Analyse der erzielten Ergebnisse über unmögliche und mögliche Datierungen dieser Ereignisse kam er zu dem Schluß, daß - im Verhältnis zur traditionellen Chronologie - Datierungen vieler historischer Geschehnisse um einige Jahrhunderte (bis zu 1000 Jahren) näher an unsere Zeit verlegt werden müssen.
In diese Zeit (1914-1916) fällt auch die Entwicklung statistischer Methoden, die für die Feststellung der Autorschaft historischer Werke verwendet werden können (s. oben den vollen Titel der Broschüre "Linguistische Spektren".).
Diese drei Werke (die zwei Bücher und die Broschüre), zusammen mit weiteren Überlegungen zum Thema "Geschichte und Chronologie" bildeten die Basis für sein mehrbändiges, nicht vollständig veröffentlichtes Hauptwerk "Christos" ("Christus").
MOROZOWS HAUPTWERK "CHRISTUS"
Mit Unterstützung einer Handvoll enthusiastischer Mitarbeiter aus dem Forschungszentrum für Naturwissenschaften (die meisten Mitarbeiter dieses sog. P. F. Lesgaft-Instituts beurteilten diese Aktivitäten kritisch) setzte NM ab 1918 eine ausführliche naturwissenschaftliche Analyse der Bibel und der historischen Dokumente, die der biblischen und früheren Geschichtsperioden zugeordnet werden, fort. Als Ergebnis dieser Arbeit wurden in den Jahren 1924-32 sieben Bände seines wichtigsten Werkes "Christus (Geschichte der menschlichen Kultur aus naturwissenschaftlicher Sicht)" veröffentlicht. Drei weitere Bände blieben unveröffentlicht [3]. Mit dem Band 8 setzen sich Fomenko und Nosovski in ihren Büchern [5] und [7] detailliert auseinander. Das Manuskript dieses Bandes (oder zumindest eine Kopie davon) wird in der Bibliothek der Russischen AdW aufbewahrt. Die anderen unvollendeten Manuskripte sollen sich im Borok-Museum befinden.
Weitere Publikationen zum Thema der genauen Analyse der Chronologie und zur Verteidigung seiner eigenen Thesen, aus dem Russischen:
"Christus oder Ramses? Versuch einer Anwendung der mathematischen Wahrscheinlichkeitstheorie auf das Fach Geschichte" (Moskau-Petrograd, GIZ, 1924, 39 S., 1 Blatt Tabellen);
"Astronomischer Umsturz in der historischen Wissenschaft (Anläßlich eines Artikels von Prof. N. M. Nikolski), Novyj Mir, 1925, Nr. 4. S. 133-143;
"Zur Verteidung des Realismus in der Geschichtswissenschaft: Kurze Antwort an die Gegner meines Buches "Christus", Prawda, 1928, 9. Mai, Nr. 106;
"Brief an die Redaktion von "Mirowedenije" (Anläßlich des Artikels von Sergejew "Gebäude auf Sand"), Mirowedenie, 1931, Band 20, Nr. 2, S. 110-112.
Das Hauptresultat von "Christus": Die traditionelle Chronologie kann nicht stimmen, sie ist künstlich verlängert worden, die ganze antike Geschichtsperiode bis zum IV. Jh. ist eine riesige Fälschung. Dies wird anhand vieler Beispiele demonstriert, wobei sich ganze Dynastien aus der Altertumsgeschichte als Duplikate späterer Herrscherfamilien entlarven.
Interessant ist die Geschichte der Veröffentlichung von "Christus". Bis 1921 versuchte Morozow vergeblich, sein Werk in bolschewistischen Rußland zu veröffentlichen. Der Widerstand der für Geschichte zuständigen Referenten und der Verlagsleiter war so stark, daß 1921 Morozow sich an Lenin wenden mußte. Dieser fragte seinen Bildungsminister Anatolij Lunacharskij und bekam von diesem im April 1921 schriftlich eine vernichtende Beurteilung des ersten Bandes des Buchs. Einige Monate später gelang aber NM während eines Treffens und seines wissenschaftlichen Vortrags Lunacharskij zu überzeugen, daß sein Buch kein "Absurdum" (so im Brief an Lenin). In einem neuen Brief an Lenin im August 1921 findet Lunacharskij, daß alle drei vorgelegten Bände von "Christus und seine Zeit" schnellstens veröffentlicht werden müssen.
Trotz dieser Unterstützung von ganz oben, verzögerte sich die Veröffentlichung immer vom neuen. Darum sah sich Morozow 1923 gezwungen, noch einmal die sowjetische Regierung um Hilfe zu bitten. Diesmal schaltete sich der berüchtigte Tscheka und ab 1922 GPU Chef und Verkehrsminister Felix Dserschinskij Anfang 1924 ein. Darum wurde das erste Band 1924 endlich veröffentlicht.
Nachdem seine Gönner Dserschinskij 1926 und Lunacharskij 1933 starben und das siebte Band 1932 erschien, wurde die Veröffentlichung der weiterer Bände unterbrochen. Ein Grund für die Nichtveröffentlichung des achten Bands kann auch in der Tatsache liegen, daß in diesem Werk eine neue stark revidierte Version der russischen Geschichte dargestellt werden sollte. Dies aber entsprach keinerlei den Absichten von Stalin, der gerade seine macht in Sowjetrußland schleunig festigte und dafür auch die offizielle russische Geschichtsschreibung instrumentalisierte.
Kollision mit der konservativen sowjetischen Mentalität
Die Bewertung von NMs Werk durch die offizielle sowjetische Wissenschaft in der poststalinistischen Sowjetzeit ist aus Artikel [3] gut ersichtlich. Obwohl selbst ein Naturwissenschaftler, wagt der Autor des Aufsatzes, Chemiker und Mitglied der Akademie der Wissenschaften S. I. Wolfkowitsch kein positives Wort über "Christus" zu sagen. Nach dem folgenden Zitat aus der Einleitung zum Band 7: "Die Hauptaufgabe meines umfangreichen Werks war, eine Übereinstimmung der historischen Wissenschaft mit den Naturwissenschaften zu erreichen und allgemeine Gesetze der psychischen Entwicklung der Menschheit aufgrund der Evolution der materiellen Kultur zu entdecken, die sich im Grunde auf die sukzessive Entwicklung von Werkzeugen der geistigen und physischen Tätigkeit des Menschen stützt." schreibt Wolfkowitsch sofort weiter: "Aber N. A. Morozows Methodologie zur Untersuchung der Geschichte der Menschheit, seine historische Konzeption (die Theorie der erbbedingten Kontinuität der menschlichen Kultur) wurde von Spezialisten als fehlerhaft bewertet. Die Fakten, die N. A. Morozow betrachtet, hält man für seinerseits überwiegend falsch interpretiert und zahlreiche Zweifel hervorrufend."
Seine Solidarität mit NM, die für einen Naturwissenschaftler ganz natürlich wäre, demonstriert S. I. Wolfkowitsch mit List an einer anderen Stelle seines Artikels. Als er über das Buch "Die Suche nach dem Steins der Weisen" schreibt, zitiert er die folgende Passage aus diesem Werk zur Geschichte der Alchimie und der Chemie, als wäre sie nur an die Erforschung der Chemiegeschichte und nicht der ganzen menschlichen Geschichte anwendbar:
"Alles, was wir über die Werke der Autoren des Altertums wissen, nehmen die zeitgenössischen Historiker aus Sammelausgaben des XV., XVI und XVII. Jahrhunderts, also aus Händen der Leute, die um Tausend Jahre später lebten, als die Autoren, die sie zitieren. Diese Leute waren äußerst leichtgläubig, sie füllten ihre eigenen Werke mit Geschichten über allerlei Wunder. Es ist kaum möglich, die Wahrheiten, die sich in den Werken befinden, von glaubwürdigen (den schlimmsten von allen) Erdichtungen und späteren Nachträgen zu unterscheiden. Dank dieser Tatsache stellen sämtliche unsere Urquellen zur Altertumsperiode der Ära vor Buchdruckerkunst die wahren Pferdeställe des Augias, in welchen mehrere Jahrhunderte Mönche standen und welche zu reinigen vielleicht nur ein neuer Herakles imstande wäre. Aber sogar Herakles alleine hätte hier nichts machen können. Dafür brauchen wir eine spezielle internationale Gesellschaft zur Bearbeitung der historischen Urquellen der Altertumsgeschichte".
"CHRISTUS" ALS BIBLIOGRAPHISCHE SELTENHEIT
Die sieben veröffentlichten Bände von "Christus" haben verschiedene Nebentitel und sind im Verlag GIZ (später SOTSEKGIZ) erschien. Sie sind alle unten mit deutschen Übersetzungen der russischen Titel aufgelistet:
Christus. Buch 1. Himmlische Meilensteine der Erdgeschichte der Menschheit, Leningrad, GIZ, 1924, XVI+543 S., Illustrationen., 3 Blatt Tabellen.
Zweite Auflage, Moskau, Leningrad, GIZ, 1927, XVI+551 S., Illustrationen., 5 Blatt Tabellen.
Christus. Buch 2. Kräfte der Erde und des Himmels, Leningrad, GIZ, 1926, IX+693 S., Illustrationen, 3 Blatt Tabellen und Karten.
Christus. Buch 3. Gott und das Wort, Moskau, Leningrad, GIZ, 1927, VIII+735 S., Illustrationen, 2 Blatt Tabellen.
Christus. Buch 4. In der Dunkelheit der Vergangenheit beim Licht der Sterne, Moskau, Leningrad, GIZ, 1924, XVI+543 S., Illustrationen., 3 Blatt Tabellen.
Christus. Buch 5. Ruinen und Gespenster, Moskau, Leningrad, GIZ, 1929, VII+896 S., Illustrationen, Zeichnungen, Karten und Faksimile-Abbildungen.
Christus. Buch 6. Aus der Tiefe der Jahrhunderten, Moskau, Leningrad, GIZ, 1930, XII+1216 S., Illustrationen, Porträts, Zeichnungen, Diagrammen, Skizzen und Karten, 3 Blatt Illustrationen und Tabellen.
Christus. Buch 7. Große Romea. Erster Fackel der Mittelalterlichen Kultur, Moskau, Leningrad, SOTSEKGIZ, 1932, VIII+920 S., Illustrationen, Tabellen.
Die Auflagen von "Christus" waren sehr bescheiden und die Bände kann man heute selbst in den Antiquariaten von Moskau und anderen russischen Städten kaum noch erwerben. Mir und meinen russischen Bekannten, die ich um Hilfe bat, ist das zumindest bisher nicht gelungen.
Von diesen sieben Bänden gelang es mir, fünf (alle mit Ausnahme der Bände 2 und 3) in der Nationalbibliothek zu Berlin ausfindig zu machen. Band 1 ist nicht im besten Zustand. Vermutlich wurde das entsprechende Buchmagazin während des Zweiten Weltkriegs zerbombt: Zwischen den Blättern lagen Steinstaub und Stuck-Reste. Die Bände 1-3 habe ich in der Universitätsbibliothek zu Tartu, Estland, im Mai 1997 kopiert.
Die Tatsache, daß viele Bücher von Morozow (insbesondere zum Thema der Chronologierevision) zur bibliographischenSeltenheit geworden sind, führt zum Beispiel zu einer Situation, in der Verteidiger der traditionellen Chronologie Behauptungen von NM nach Belieben verformen (So können sie diese leichter "widerlegen".) - in der begründeten Hoffnung, daß kaum jemand die genauen Zitate aus Morozows Werken nachprüfen kann.
In einer weiteren Abhandlung möchten wir darum dem deutschen Leserkreis die einzelnen Bände von "Christus" detaillierter vorstellen. Wir gehen dabei von der Tatsache aus, daß die wesentlichsten Überlegungen aus seinen vor der Oktoberrevolution erschienen Werken in "Christus" ihren Niederschlag fanden.
MOROZOW UND VELIKOVSKY
Wie sind die von Morozow entdeckten chronologischen und geschichtlichen Fälschungen entstanden? Viele alte Manuskripte, die - wie Morozow zeigte - dieselbe Epoche der Geschichte eines Landes beschrieben, wurden mehrmals als voneinander völlig unabhängige und unterschiedlichen Ländern zugeordnete Dokumente interpretiert.
Für die Plazierungen dieser Duplikate auf der Zeitachse wurden ganze historische Epochen, wirkliche und erdachte, weit in die Vergangenheit verschoben. Dieser Verschiebungsmechanismus wurde später auch von Immanuel Velikovsky (1895, Moskau, Rußland - 1979, Princeton, USA) am Beispiel der Geschichte des Alten Ägypten demonstriert.
Velikovskys Bekanntschaft mit Morozows Büchern kann mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden: Nach einem Studium der Naturwissenschaften in Edinburgh studierte er Geschichte, Geisteswissenschaften und Medizin in Moskau. Und das in einer Zeit, in der die ersten Bücher von NM einen sehr breites Leserkreis fanden und zu heftigen Diskussionen führten.
Trotzdem fand ich in seinen Büchern keine Erwähnung des Namens Morozow. Auch heute wagen viele Autoren, die Ideen von Morozow aufgreifen, nicht, ihn zu zitieren, weil es unter Historikern verpönt ist, solche "Spinner" positiv zu erwähnen. Inzwischen ist auch Velikovsky selbst von den Hütern der reinen traditionellen Lehre der chronologischen Orthodoxie als Spinner abgestempelt worden.
Ein zweites Indiz auf Velikovskys Bekanntschaft mit Morozows Büchern sehe ich in der Tatsache, daß gerade Morozow in seinen naturwissenschaftlichen Büchern eine für seine Zeit absolut ketzerische Idee vertritt: bei der Bildung der Galaxien, Sternhaufen und Sonnensysteme haben elektromagnetische Felder eine sehr wichtige Rolle gespielt. Diese Idee ist auch bei Velikovsky prominent.
Darüber, ob Velikovsky nach seiner Emigration aus Rußland Gelegenheit hatte, "Christus" zu lesen, kann nur spekuliert werden. Auch wenn dies der Fall war, so kann man dem erst ab den vierziger Jahren als Autor aktiven Velikovsky keinesfalls vorwerfen, daß er die im englischsprachigem Raum und überhaupt für des Russischen nicht mächtige Leser unbekannten Bücher von NM nicht zitierte.
MOROZOW UND FOMENKO
An dieser Stelle möchte ich die wichtige Rolle von Fomenko und seinem Universitätsprofessor M. M. Postnikow betonen, die die schon teilweise in Vergessenheit geratene wissenschaftliche Tätigkeit von NM im Bereich der Chronologie und Geschichte wieder ins Licht der Öffentlichkeit gerückt haben. M. M. Postnikow initiierte die Weiterentwicklung und Anwendung der statistischem Methoden von Morozow und las in den Siebzigern an der Universität Moskau eine 50-stündige Vorlesungsreihe über NM und seine Werke. Er war auch Fomenkos Mitautor bei seinen ersten Veröffentlichungen in diesem Bereich.
In frn Büchern von Fomenko und seinen Mitautoren werden viele Werke von NM, auch seine unveröffentlichten Manuskripte, ausführlich zitiert und - manchmal kritisch - weiterentwickelt. In diesen Büchern schlägt Fomenko vor, die Bücher von NM wie auch seine unveröffentlichten Manuskripte (vielleicht in verkürzter und kommentierter Form) in Rußland neu zu verlegen.
Ein weiteres Verdienst von Fomenko ist seine Analyse der Kritik, die die Werke von NM hervorgerufen haben (s. [4]). Er erwähnt, daß die meisten Kritiker die positiven Ergebnisse der genauen Methoden absichtlich oder aus Unfähigkeit, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, überspringen und sofort mit der Kritik der historischen oder linguistischen Hypothesen oder unbedeutenden Details beginnen, als wären diese Hypothesen oder Details die einzigen Behauptungen der Vertreter der neuen Chronologie. Er kommt zum Schluß, daß in der Diskussion keine ernsthaften Gegenargumente vorgelegt worden sind.
Die Hauptunterschiede in den Betrachtungen von Morozow und Fomenko kann man folgendermaßen kurz zusammenfassen:
- Morozow meinte, daß ab dem IV. nachchristlichen Jh. die Chronologie aufgrund der Tätigkeit der christlichen Kirche in Ordnung ist, und unternahm keine Versuche, spätere Epochen zu überprüfen. Fomenko kommt zum Schluß, daß bis in das XIII Jh. Phantomabbildungen späterer Zeiten den chronologischen Zeitraum füllen.
- Morozow meinte, daß die Eroberung Rußlands durch die Tataro-Mongolen in Wirklichkeit eine Eroberung durch den Deutschen Orden war, daß der Westen den Osten beeinflußte und später die Geschichte fälschte: Beim Versuch, die christlichen Kirchen zu vereinigen, wollten die römischen Päpste die Erinnerung an die Eroberung Rußlands durch die Kreuzritter ausrotten. Fomenko meint dazu, daß die Russen selbst die Tataro-Mongolen waren, daß sie Deutschland und den Rest Europas im XIV. Jh. eroberten oder von sich abhängig machten. Die Erinnerung an diese für den Stolz des Westens so schmerzhaften Ereignisse wurden im Laufe der nachfolgenden Jahrhunderte absichtlich durch die Päpste, die ganze Kirche und die westlichen weltlichen Herrscher und Chronisten aus dem Bewußtsein europäischer Völker ausgemerzt. (Noch ein Fall der kollektiven Amnesie?)
Im Übrigen heißt Fomenko die meisten Berechnungen von Morozow gut, geht aber weiter, vertieft die mathematische und astronomische Analyse und kommt im Allgemeinen zu weit radikaleren Folgerungen für die Chronologie und die Geschichtsschreibung als NM. Wenn die Berechnungen von NM aufgrund astronomischer Überlieferungen eine neue Datierung für die Zeit vor dem V. nachchristlichen Jahrhundert ergeben, in welchem Zeitraum historische Ereignisse "vordatiert" werden, so überprüft Fomenko, ob nicht auch nach dem IV. nachchristlichen Jahrhundert eine den astronomischen Angaben entsprechende Datierung möglich ist; und in praktisch allen solchen Fällen kommt er zum Schluß, das eine solche spätere Datierung nicht nur möglich, sondern sogar am wahrscheinlichsten ist.
Verallgemeinernd kann man sagen, daß der Hauptverdienst von Fomenko und seinen Mitarbeitern und Mitautoren darin besteht, daß sie die von Isaac Newton und N. A. Morozow gestartete Überprüfung der Chronologie mit Hilfe von naturwissenschaftlichen und mathematischen Methoden weiterentwickelten, ausweiteten und vertieften und so die Chronologie zurück auf den Pfad der genauen wissenschaftlichen Analyse, weg von Phantasien und willkürlichen Konstruktionen geführt haben. Es kann sein, daß die eine oder andere geschichtliche Rekonstruktion, die sie als Folge ihrer genauen Analysen hypothetisch aufgestellt haben, in der Zukunft widerlegt oder radikal geändert wird. Trotzdem werden unsere chronologischen Vorstellungen in Zukunft so tiefgreifend revidiert werden müssen, daß man kaum noch ohne Berücksichtigung der Ergebnisse von N. A. Morozow und seinen russischen Nachfolgern von einer wissenschaftlich plausiblen Chronologie wird sprechen können.
QUELLEN
Fast alle von uns benutzten Quellen sind nur in Russisch vorhanden. Und überhaupt ist die Literatur zum Thema Morozow überwiegend in Russisch geschrieben worden (Bische bildete NM fast ausschließlich einen Phänomen der russischen Kultur.). Die wenigen Ausnahmen habe ich oben erwähnt. Eine (und die wichtigste) Ausnahme bildet die deutsche Übersetzung seines ersten Buchs zum Thema der Chronologierevision. Die begleitenden Seiten aus der Feder des Artur Drews, der Russisch frei beherrschte und vermutlich mit NM in Briefwechsel stand, sind so interessant geschrieben, daß ich dem werten Herrn Dr. H. Illig empfehlen möchte, diese Seiten neu zu veröffentlichen.
Die wichtigste Quelle für alle, die heute einen Überblick über die Vielfalt der wissenschaftlichen Interessen von NM verschaffen möchten, ist zweifelsohne das gründliche Buch [8], eine Herausgabe des Instituts für Geschichte der Naturwissenschaften der Sowjetischen AdW. Hier sind mehr als 20 Artikel über sein Lebenslauf, seine Rolle in der Geschichte der russischen Wissenschaft als Forscher und Organisator der wissenschaftlichen Forschung, über seine Ideen und Errungenschaften in der Chemie, Astronomie, Astrophysik, Biologie, Theorie der Entstehung des Lebens, Meteorologie, Aeronautik etc. , sowie Erinnerungen seiner wissenschaftlichen Kollegen veröffentlicht.
Weil ich vermutete, daß nur ein Bruchteil der Leser dieses meinen Atikels Russisch beherrscht, verzichtete ich auf die Widergabe der Werke von NM und den weiteren Quellen in transkribierter Form, wie es in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung üblich sein sollte. Stattdessen wurden alle Titel in deutscher Übersetzung präsentiert. Einem interessierten Leser werde ich die Quellen, die seine Aufmerksamkeit erregt haben, selbstverständlich in Kirillisch sowie in lateinischer Transkription gern mitteilen.
1. Nikolaj Aleksandrowitsch Morozow (1854-1946), Verlag "Nauka", Moskau, 1981, 96 S. (Russisch)
2. Morozow, Große Sowjetische Enzyklopädie, dritte Ausgabe, Band 16, Moskau, 1974, Spalten 1727-1728. (Russisch)
3. S.I.Wolfkowitsch, Kurze Beschreibung der wissenschaftlichen, revolutionären und gesellschaftlichen Tätigkeit". Im Buch [1], S. 7-21 (Russisch)
4. A.T.Fomenko, Kritik der traditionellen Chronologie der Antike und des Mittelalters (welches Jahrhundert haben wir heute?), Referat, Verlag der Universität Moskau, Moskau, 1993, 304 S.+16 S. Bilder vom Autor (Russisch).
5. G.V.Nosovski, A.T.Fomenko, Neue Chronologie und die Konzeption der Altertumsgeschichte von Rußland, England und Rom. Fakten. Statistik. Hypothesen. Verlag der Universität Moskau, Moskau, 1995, Band 1: 382 S., Band 2: S. 383-672 (Russisch).
6. A.T.Fomenko, Neue Chronologie von Griechenland. Antike im Mittelalter. Verlag der Universität Moskau, Moskau 1996, Band 1 (zusammen mit I.A.Golubew): XXVII+ix+439 S., Band 2: S. 440-886+XXVII (Russisch).
7. G.V.Nosovski, A.T.Fomenko, Imperium. Rußland, Türkei, China, Europa, Ägypten. Neue mathematische Chronologie des Altertums, Verlag "Faktorial", Moskau, 1996, 751 S. (Russisch).
8. Nikolaj Aleksandrowitsch Morozow: Wissenschaftler und Enzyklopädist, Verlag "Nauka", Moskau, 1982, 266 S. (Russisch).
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