Bücher oder Internet? Retrokalkulationen: ja oder nein?

Unterwegs zu einem Treffen der Velikovskianer in London am 7. Nov. 1998


Eugen Gabowitsch


Einer Initiative von Christoph Marx folgend verbrachten wir drei (er, Uwe Topper und ich) 24 Stunden (einschließlich zwei Nächte) in seinem computerisierten Kleinbus, um nach London zu fahren und an der Sitzung der englischen Velikovskianer-Gesellschaft SIS (Society for Interdisciplinary Studies) teil zu nehmen. Die Zeit unterwegs verlief in interessanten, aber auch heftigen und kontroversen Diskussionen über Katastrophen und Chronologie; über die Rolle des Kollektivs und die Methoden der Chronologiekritik.

Uwe Topper überreichte dabei den Mitreisenden frische Exemplare seines neuen Buchs "Die große Aktion"; wo er die Geschichte der Chronologiekritik und der Geschichtsfälschung an vielen Beispielen, die auch von ihm entdeckten neuen Quellen aus dem iberischen Sprachraum einschließen, demonstriert (Das Buch ist im Grabert Verlag, Tübingen, erschienen und kostet DM 32,--).

Schon an dieser Stelle wurde wiederum deutlich, wie richtig die Forderung von Chris Marx ist, sich der Debatte im Internet anzuschließen (In seiner radikalsten Fassung beinhaltet seine Forderung leider sogar die These, die Produktion von Büchern einzustellen). Toppers Buch hat einen langen Weg genommen, bevor es von einem Verlag akzeptiert wurde, und war entsprechend zu diesem Zeitpunkt schon überholt, besonders was die Auseinandersetzung mit der statistischen Rekonstruktion der Menschheits- und Natur-Geschichte betrifft, die nur in einem wenige Sätze umfassenden Anhang gestreift werden konnte.
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Auf die wiederholte Beschuldigung des Kollektivs -durch Ch. Marx - in der totalen Neigung zum Verdrängen von katastrophalen Erinnerungen und zur Unterdrückung von Wahrheiten betonte E. Gabowitsch den unscharfen Charakter jedes Kollektivs und die Tatsache, daß nicht das Kollektiv selbst entscheidend ist, sondern die dieses Kollektiv prägenden Weltbilder oder –modelle.

Die Unfähigkeit der meisten großen Kollektive mit abweichenden, insbesondere ketzerischen Meinungen tolerant umzugehen, eine Vielfalt der Meinungen zuzulassen, führt zur Existenz der Kollektive (Wissenschafts-, Religions- etc. Gemeinden); die lieber Verdrängung ausüben, als freie Diskussion über die Kanonen des weltanschaulichen Modellensystems zulassen.

Unser ganze Ausbildungsystem ist dafür verantwortlich, weil die Schule (auch die höhere Schule) voll auf die Übermittlung der schon kanonisierten "Wahrheiten" und nicht auf die Erziehung zum nachdenklichen Umgang mit den Letzteren, nicht zum Zweifeln und Tolerieren der vom Wissenskanon abweichenden Meinungen erzieht.
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Ch. Marx wiederholte mehrere Male seine These von absoluter Nichtigkeit aller astronomischen Rückrechnungen, weil diese die Katastrophe des 14. Jh. total ignorieren. Auch wenn, wie im Fall des Dendera-Tempels, die astronomische Rückrechnung Daten in der Zeit nach dieser Katatrophe liefert, wird die Beweiskraft dieser Tatsache durch die potentielle Möglichkeit eines Datums in der kurz vor der letzten großen Katastrophe liegenden Zeit fast zunichte gemacht.

E. Gabowitsch verteidigte eine andere Position. Erstens, meinte er, sollte man über die Ausmaße der erwähnten Katastrophe diskutieren (vielleicht brachte sie überhaupt zu keinen bemerkenswerter– aus der Sicht der astronomischen Rückrechnungen – Kippung der Erdachse. Bei Berechnung der Planetenpositionen in den Sternbildern werden kleine Änderungen der Erdumlaufbahn und der Erdachsenposition im Weltall noch keine ernsthafte Verschiebungen der Planetenprojektionen auf die Sternhimmelabschnitte mit sich führen).

Zweitens ist wichtig zu erinnern, daß die astronomische Rückrechnung ein sehr wichtiges Instrumentarium der schulwissenschaftlichen Chronologieunterstützung darstellt. Darum ist es durchaus korrekt, die astronomischen Rückrechnungen durchzuführen, um zu zeigen, daß diese von der klassischen Chronologie ausgedachte Methode bei einer richtigen, modernen, ohne Voreingenommenheit – und nicht bei einer einfach auf eine unbedingte Bestätigung für die schon ausgedachten historischen Daten ausgerichtete – durchgeführten Rekalkulation ganz andere und an unsere Zeit viel nähere Daten liefern kann, als diejenigen aus den gängigen Chronologietabellen.