(Type a title for your page here) Vorlesung 2

Traditionelle Datierungsmethoden



Sphinx in Not

Fast fünftausend Jahre stand die berühmten
Statue der Sphinx in Gise (Ägypten) unerschütterlich.
Jetzt aber wirkt sich die Umweltverschmutzung zu seiner
Erhaltung negativ aus. Die Sphinx gerät in Not.
Von der Statue brach ein großes Teil ab (Pfote).
Die Ursachen dafür sind hohe Luftfeuchtigkeit,
Versalzung des Bodens und als Hauptursache gilt die Ansammlung
des ungeklärten Abwassers in der Region,
wo die Sphinx steht.

Zeitung "Iswestija", 31.Oktober 1981

        
        

2.1.        Traditionelle archäologische Datierung

Leser: Was wundert Sie daran? Das Verfallen gehört zur Eigenschaft aller Denkmäler.
Autor: Es ist trotzdem merkwürdig. Fünftausend Jahre stand die Sphinx wie ein Felsen und als man begann, sie ununterbrochen zu beobachten, begann sie schnell zu zerfallen. Eine normale Frage: Vielleicht ist sie gar nicht so alt, wie es die traditionelle Chronologie behauptet? Und sie verfällt mit normaler, mehr oder weniger konstanter Geschwindigkeit.

Dem Leser kommt bestimmt eine Frage auf: Wie steht die Sache mit den anderen klassischen Verfahren der Datierung von Quellen und Dankmälern?

Beginnen wir mit der klassischen Archäologie. Die heutigen Archäologen sprechen mit Schmerz über "die ungebildeten Ausgräber" früherer Jahrhunderte, die nur Schätze suchten (Gold etc) und zahllose Denkmäler hoffnungslos entstellt haben. "Beim Ankommen der Funde (Ausgrabungen der Jahre 1851-1854. A. F.) im Rumjantsew-Museum (Nikolaj Petrowitsch Rumjantsew (1754-1826) sammelte alte Manuskripte, Münzen etc. Seine Sammlung wurde 1831 in St. Peterburg der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 1861 wurde sie nach Moskau gebracht und lieferte später die Grundlage für die heutige Lenin-Bibliothek und viele einzelne Museen – E. G.) bildeten sie im wahrsten Sinne des Wortes einen unordentlichen Haufen von Material. Es lag keine Liste der Funde dabei. Ausserdem fehlte die Markierung, aus welchem Hügel der jeweilige Fund kommt... Die grandiosen Ausgrabungen der Jahre 1851-1854 werden noch langen von der Wissenschaft beklagt..."[27, S. 12-13].

Jetzt ist die Ausgrabungsmethodik selbstverständlich weiterentwickelt, aber sie kann leider selten bei den antiken Ausgrabungen angewendet werden: fast alle von ihnen sind von den vorherigen "Ausgräbern" schon "bearbeitet" werden.

In Kürze erwähnen wir die Grundlagen archäologischer Datierungen. Zum Beispiel wurden in den Gräbern der 18. und 19. Dynastie in Ägypten der mykenischen Kulturstufe zugeordnete griechische Gefäße sichergestellt. Deswegen werden diese Dynastien und diese Kultur von Archäologen als "gleichzeitig" gehalten.

Danach würden genau die gleichen Gefäße (oder "ähnliche") zusammen mit speziellen Schnallen in Mykene gefunden und ähnliche Stecknadeln in Deutschland, zusammen mit solchen Urnen. Ähnliche Urne wurde bei Fanger gefunden und in dieser Urne auch eine Stecknadel neuer Art (siehe Details in [28, 29]). Die gleiche Stecknadel wurde in Schweden im sogenannten "Hügel vom König Björn" gefunden. So wurde dieser Hügel auf die 18.-19. ägyptische Dynastie datiert. [28] Dabei stellte sich sinngemäß heraus, dass Björns Hügel "auf keinem Fall dem Wikingerkönig Björn gehört haben kann, denn er ist gute zweitausend Jahre früher errichtet worden" [28, S. 55-56].

Hier sind viele Unklarheiten vorhanden. Was kann man zum Beispiel unter "Ähnlichkeit" der Funde oder ihrer "Gleichzeitigkeit" etc. verstehen? All diese (und ähnliche) Methodiken beruhen auf grenzenlosem Subjektivismus und auf der wiederum schon bekannten traditionellen Chronologie. Das Problem besteht darin, dass die neu entdeckten Gegenstände mit den "ähnlichen" verglichen werden, die früher aufgrund der chronologischen Tradition datiert wurden. Eine Änderung dieser Skala ändert automatisch die Chronologie aller neuen archäologischen Funde.

Ein überzeugendes Beispiel für Probleme, die bei den Datierungen des archäologischen Materiales entstehen können, sind die Ausgrabungen von Pompeji. Iacopo Sannazaro, Autor des 15. Jahrhunderts, schrieb: "Wir kamen auf die Stadt zu (Pompeji) und man sah schon ihre von den Jahrhunderten (?! - A.F.) unberührten Türme, Häuser, Theater und Kathedralen" (Zitat nach [24, S. 31]). Diese Worte sind absolut absurd für die gegenwärtigen Historiker und Astronomen. Laut traditioneller Chronologie gilt Pompeji für zerstört und vollständig verschüttelt nach dem Ausbruch des Vesuv im Jahre 79 n.Chr. Deswegen sind die Archäologen gezwungen, die Worte von Sannazaro folgenderweise zu deuten: "Im 15. Jahrhundert ragten manche Gebäuden von Pompeji aus dem Schwemmland heraus..." [24, S. 31]. Man meint demzufolge, dass Pompeji danach wieder "von der Erde zugeschüttelt" wurde, weil man die Reste von Pompeji erst im Jahre 1748 gefunden hat (Herculaneum wurde im Jahre 1711 entdeckt) [24, S. 31-32].

Die Ausgrabungsarbeiten wurden barbarisch durchgeführt. "Es ist jetzt schwer, den vom damaligen Vandalismus verursachten Schaden abzuschätzen. Falls ein Bild jemandem nicht hübsch genug schien, wurde es in Stücke zerschlagen und zum Abfall geworfen... Aus Fragmenten der Skulpturen wurden die Souvenirs für Touristen fabriziert, nicht selten mit Darstellung der Heiligen. (Es ist nicht ausgeschlossen, dass manche dieser "Fälschungen" in Wirklichkeit Originale waren)" [30, S. 224-225].

Im 20. Jahrhundert richteten die Archäologen und Historiker ihre Aufmerksamkeit auf folgendes Phänomen: Die absolute Mehrheit alter Denkmäler verfallen in letzten 200-300 Jahren (das heißt vom Moment an, als man begann, sie ununterbrochen zu beobachten) aus irgendwelcher Ursache schneller und stärker, als in vergangenen Jahrhunderten und sogar Jahrtausenden. Normalerweise zielt man dabei auf die "heutige Industrie" etc. aber es wurde bis jetzt keine breite statistische und physikalische Untersuchung der Wirkung der "modernen Zivilisation" auf Steingebäude vorgelegt.

Offensichtlich ist folgende Annahme: Diese Bauten sind nicht so alt, wie es die traditionelle Version der Chronologie behauptet, und verfallen im natürlichen Gang mit natürlicher Geschwindigkeit.

2.2.        Dendrochronologie und manche physikalischen Methoden

Für die Datierung werden einige physikalische Methoden verwendet, zum Beispiel Dendrochronologie und Radiokarbonmethode. Aber die dendrochronologischen Skalen reichen in Europa nur für einige Jahrhunderte zurück und erlauben es nicht, Bauten zu datieren, die als antik gelten. "Wissenschaftler vieler Ländern Europas haben versucht, dendrochronologische Methodik anzuwenden. Es stellte sich aber heraus, dass die Sache längst nicht so einfach ist. Die ältesten Bäume in europäischen Wäldern sind nur 300-400 Jahre alt... Laubwaldholz ist schwer zu studieren. Äußerst ungern berichten ihre verschwommene Jahresringe über die Vergangenheit... Es ist den Erwartungen zum Trotz zu wenig von qualitativ gutem archäologischen Material" [31, S. 103].

Besser daran ist amerikanische Dendrochronologie (Douglastanne, gelbe und Gebirgsborstenkiefer), aber diese Region ist weit entfernt vom Gebiet der "klassischen Antike". Außerdem ist diese Methode im großen Maße relativ, weil immer viele schwerwiegende Faktoren unberücksichtigt bleiben: örtliche klimatische Bedingungen der jeweiligen Periode, Bodenzusammensetzung, Schwankungen der örtlichen Feuchtigkeit, Relief der Ortschaft usw. Alle diese Faktoren wirken sich sehr stark auf die Dicke der Jahresringe aus [31, S. 100-101, 103]. Mehr noch, der primäre Aufbau der dendrochronologischen Skalen wurde aufgrund der schon vorhandenen traditionellen Chronologie durchgeführt (durch "zusammenkleben" verschiedener Graphiksegmenten) [31, S. 105]. Deswegen wird jede Änderung der relativen Chronologie schriftlicher Zeugnisse eine automatische Änderung der dendrochronologischen Skalen bewirken.

Die traditionelle historische Chronologie drängte sich sogar in Abstufung von Skalen ganz grober Altersbestimmungsmethoden ein.

"Für achtzehn Jahrhunderte, die seit der römischen Invasion vergangen sind (es ist hier die Rede vom Gebiet des heutigen Savoyen. -A.F.), haben die Wände im Eingang der Steinbrüche eine Verwitterungsschicht bekommen, deren Dicke laut Messung 3 mm erreicht hat. Nach dem Vergleich dieser Schicht, die sich in 1800 Jahren gebildet hat (wie es die Scaliger-Chronologie annimmt. - A.F.) mit einer 35 cm dicken Verwitterungsschicht, die die Oberfläche der von der Eisschicht blank polierten Hügel bedeckt, könnte man annehmen, dass die Eisperiode hiesiger Ortschaften erst vor 216 000 Jahren vorüber war... Aber die Befürworter dieser Methode waren sich im Klaren, wie schwierig es ist, ein Eichmaß für die Geschwindigkeit der Verwitterung zu bekommen... Unter unterschiedlichen klimatischen Bedingungen schreitet die Verwitterung mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten voran.... Die Geschwindigkeit der Verwitterung hängt von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Niederschlagsmenge und Sonnentagen ab. Das heißt, dass man für jede Naturzone besondere Graphiken berechnen und spezielle Skalen zusammensetzen muß. Kann man denn überhaupt sicher sein, dass die klimatischen Bedingungen ab dem Zeitpunkt unverändert blieben, als die uns interessierende Schicht freigelegt wurde?" [31, S. 34-35].

Falls 35 cm etwa den 12.000 Jahren entsprechen und die Geschwindigkeit der Ablagerungen konstant war, dann wurden die oben erwähnten Steinbrüche erst vor ca. 100 Jahren der Verwitterung überlassen. (Anm. der Red.)

Es wurden zahlreiche Versuche unternommen, die Bestimmung des absoluten Alters nach der Geschwindigkeit der Bildung von Ablagerungsschichten vorzunehmen, aber erfolglos!

"Untersuchungen in dieser Richtung wurden gleichzeitig in vielen Ländern geführt, aber die Resultate waren entgegen den Erwartungen unbefriedigend. Es wurde offensichtlich, dass sogar die gleichen Gesteinschichten unter ähnlichen Naturbedingungen mit ganz unterschiedlichen Geschwindigkeiten aufgeschichtet oder verwittert sein können und dass es praktisch unmöglich ist, irgendwelche genauere Gesetzmäßigkeiten dieser Prozesse festzustellen. Zum Beispiel ist aus alten Schriften bekannt (wieder mit Bezug auf die traditionelle Scaliger-Chronologie. - A.F.), dass der ägyptische Pharao Ramses II vor ca. 3000 Jahre regierte. Die in seiner Zeit erbauten Gebäude sind jetzt unter einer drei Meter dicken Sandschicht begraben. Das heißt, jedes Jahrtausend wird hier eine Sandschicht von etwa einem Meter gebildet. Gleichzeitig in einigen Regionen Europas wird aber in Tausend Jahren nur 3 cm abgelagert. Dafür in sumpfigen Buchten an Flussmündungen im Süden der Ukraine lagert sich die gleiche Schicht jährlich ab" [31, S. 39].

Man hat versucht, auch andere Methoden auszuarbeiten. "In der Reichweite von 300.000 Jahren funktionieren die Radium-Uran- und Radium-Actinium-Methoden. Sie sind geeignet für Datierungen der geologischen Formationen, wenn die geforderte Genauigkeit 410.000 Jahre nicht übersteigt" [31, S. 70]. Für die Ziele geschichtlicher Chronologie sind diese Methoden leider praktisch völlig ungeeignet.

2.3.        Radiokarbon und damit verbundene Probleme

Am populärsten ist die Radiokarbon-Methode, die das unabhängige Datieren antiker Denkmäler vorgibt. Im Laufe der Ansammlung von Radiokarbondaten kamen aber sehr ernste Zweifel an der Effektivität der Anwendung dieser Methode. Insbesondere " müsste man sich Gedanken über ein anderes Problem machen. Die Intensität der die Atmosphäre durchdringenden Strahlung ändert sich in Abhängigkeit von vielen kosmischen Ursachen. Genau so muss sich auch die Menge der entstehenden radioaktiven Kohlenstoff-Isotope zeitlich schwanken. Es muß ein Verfahren gefunden werden, dass dies berücksichtigt. Außerdem ... werden in die Atmosphäre ununterbrochen riesige Mengen vom Kohlenstoff durch Verbrennung von Heizholz, Steinkohle, Erdöl, Torf, brennbarem Schiefer und Verarbeitungsprodukten deren ausgestoßen. Wie wirkt sich diese Quelle von atmosphärischem Kohlenstoff auf die Erhöhung der Konzentration der radioaktiven Isotope aus? Für die Ermittlung des wahren Alters muß man komplizierte Korrekturen berechnen, die die Änderungen der atmosphärischen Zusammensetzung im Laufe des letzten Jahrtausends wiederspiegeln. Diese Ungereimtheiten sowie manche andere Probleme technischer Art, liessen Zweifel an der Genauigkeit vieler mit Radiokarbon durchgeführten Datierungen aufkommen" [31, S. 72].

W.F. Libby, der Autor dieser Methode, war von der Richtigkeit traditioneller Datierungen Ereignisse des Altertums überzeugt. Er schrieb: "Wir hatten keine Differenzen mit Historikern bezüglich des alten Roms und alten Ägyptens. Wir führten keine vielzähligen Messungen über diese Epoche durch (! - A.F.), weil sie der Archäologie im allgemeinen besser bekannt ist, als wir sie bestimmen können, und deswegen haben die Archäologen uns eher einen Dienst erwiesen, in dem sie uns die Muster (die übrigens verbrannt, vernichtet werden im Prozess der Radiokarbonmessung - A.F.) zur Verfügung gestellt haben." [32, S. 24].

Diese Erklärung von Libby ist sehr wichtig, denn die Probleme in der traditionellen Chronologie tauchten gerade für die Regionen und Epochen auf, für die nach Libbys Bericht "keine vielzähligen Messungen durchgeführt wurden". Bei der kleinen Zahl der Kontrollmessungen (für die Antike), die doch durchgeführt wurden, haben wir den folgenden Stand: bei der Radiokarbondatierung der Kollektion vom J.H. Brasted (Ägypten) "stellte sich plötzlich heraus, - berichtet Libby - dass das dritte Objekt, das wir analysiert haben, sich als gegenwärtig erwies! Es war einer der Funde, der der 5. Dynastie zugeschrieben wurde (d.h. 2563-2423 v.Chr., siehe [1], ca. 4000 Jahre alt. - A.F.) Ja, das war ein schwerer Schlag" [32, S.24].

Übrigens, die Lösung wurde sofort gefunden: das Objekt wurde für eine Fälschung erklärt [32, S. 24], weil niemand auf den Gedankekam, die Richtigkeit der traditionellen Version der altägyptischen Chronologie anzuzweifeln.

"Zur Unterstützung der eigenen Grundannahme bringen sie (die Befürworter der Methode. - A.F.) eine Reihe indirekter Beweise, Erwägungen und Berechnungen, deren Genauigkeit nicht hoch und deren Interpretation nicht eindeutig ist. Als Hauptbeweis dienen Kontrollmessungen von Mustern früher bekannten Alters nach der Radiokarbonmethode... Aber wenn die Rede von Kontrolldatierungen historischer Gegenstände ist, wird auf die ersten Experimente hingewiesen, d.h. auf eine kleine (! - A.F.) Serie von Mustern." [29, S. 104].

Das Fehlen (wie auch Libby zugibt) breiter statistischer Kontrollen, sowie die obengenannten vorhandenen Differenzen in Datierungen um viele Jahrtausende (die als Fälschungen "erklärt" werden), lässt die Zweifel an der Anwendungsmöglichkeit dieser Methode im für uns interessanten Zeitintervall aufkommen. Dies bezieht sich nicht auf die Benutzung dieser Methode in der Geologie, wo die Fehler von einigen Jahrhunderten unbedeutend sind.

W.F. Libby schrieb: "wir hatten keinen Mangel an Materialien der Epoche gehabt, die von uns 3700 Jahre entfernt war, an denen wir die Genauigkeit und Verlässlichkeit der Methode hätten testen können (aber es gibt keine schriftlichen Quellen dieser Epoche, mit denen man die Radiokarbondatierungen hätten vergleichen können- A.F.)... Die mir bekannten Historiker waren bereit, für die Genauigkeit (der Datierungen .-A.F.) in den Grenzen der letzten 3750 Jahre zu bürgen. Was aber die älteren Ereignisse betrifft, da schwindet ihre Überzeugung." [32, S. 24-25].

Mit anderen Worten, die Radiokarbonmethode kann dort gut benutzt werden, wo (mit Seufzern der Erleichterung) die Resultate schwer (und praktisch unmöglich) mit anderen unabhängigen Methoden geprüft werden können.

"Einige Archäologen haben vermutet, ohne die Wissenschaftlichkeit der Radiokarbonmethode anzuzweifeln, dass die Methode in sich die Möglichkeit zufälliger Fehler birgt, die von noch unbekannten Faktoren hervorgerufen werden." [32, S. 29]. Aber es kann vielleicht sein, dass die Fehler doch nicht so groß sind und die zumindest grobe Datierung der Ereignisse nicht verhindern, die von uns nicht mehr als 2-3 Tausend Jahre entfernt sind? Aber es stellte sich heraus, dass die Lage viel ernster ist. Die Fehler sind zu groß und chaotisch. Sie könne 1-2 Tausend Jahre bei der Datierung der Gegenstände unserer Zeit oder des Mittelalters betragen (siehe unten).

Die (russische – Lekt.) Zeitschrift "Technika i Nauka" ("Technik und Wissenschaft", s. [33]) berichtete über Resultate der Diskussion, die im Laufe zweier Symposien in Edinburgh und Stockholm rund um die Radiokarbonmethode sich entbrannten: "In Edinburgh wurden die Beispiele von Hunderten (!) von Analysen vorgestellt, deren Datierungsfehler im Bereich von 600 bis 1800 Jahre lagen. In Stockholm haben die Wissenschaftler beklagt, dass die Radiokarbonmethode aus unbekannter Ursache besonders die Geschichte des alten Ägypten in der Zeitepoche verzerrt, die von uns 4000 Jahre entfernt liegt. Es gibt auch andere Fälle, zum Beispiel aus der Geschichte der balkanischen Zivilisationen. Experten haben einstimmig beteuert, dass die Radiokarbonmethode deswegen bis jetzt zweifelhaft ist, weil sie keine Kalibrierung hat. Ohne sie ist die Methode unannehmbar, denn sie ergibt keine wahren Daten in der Kalenderskala".

Radiokarbondatierungen versetzten "die Archäologen in Verwirrung. Einige haben mit charakteristischer Verehrung... die Hinweise der Physiker aufgenommen. Diese Archäologen beeilten sich, das chronologische Bild umzustellen (das folglich nicht so sicher aufgestellt wurde! - A.F.)... Der erste gegen die Radiokarbonmethode angetretene Archäologe war Vladimir Miloicic... der sich nicht über die praktische Anwendung der Radiokarbondatierungen entsetzt zeigte, sondern auch die theoretischen Vorgaben der physischen Methode scharf kritisiert hat... Miloicic begründet seine Skepsis mit einer Serie glänzender Paradoxe, in dem er die individuellen Messungen der Radioaktivität gegenwärtiger Muster mit einem Mittelwert – als Eichmaß benutzt - verglichen hat.

Die Schale eines lebenden amerikanischen Mollusken mit der Radioaktivität vom 13,8 Zerfalle pro Minute, wenn man sie mit einem normalen Mittelwert von 15,3 Zerfalle pro Minute vergleicht, ergibt schon heute (wenn man es auf Jahre umrechnet) ein solides Alter von ca. 1200 Jahren. Eine blühende Wildrose aus Nordafrika (Radioaktivitätswert 14,7) ist für die Physiker schon seit 360 Jahren "tot"... und ein heutiges australisches Eukalyptus mit der Radioaktivität von 16,31 Zerfalle pro Minute ist für sie gar noch nicht vorhanden, denn es beginnt erst in 600 Jahren zu wachsen. Eine Schale aus Florida, bei der 17,4 Zerfalle pro Minute für jeden Gramm Kohlenstoff registriert wurde, wird erst in 1080 Jahren entstehen...

Weil auch in der Vergangenheit die Radioaktivität nicht gleichmäßiger verteilt war als heute, muß man die Möglichkeit der gleichen Schwankungen und Fehler auch für alte Objekte anerkennen. Hier sind die überzeugenden Beispiele dazu: Die Radiokarbondatierung von einem mittelalterlichen Altar in Heidelberg hat ergeben, dass der Baum, dessen Holz man zur Reparatur des Altars in Vergangenheit verwendete, noch gar nicht gepflanzt war!... In der Höhle Velt (Iran) waren die unten liegende Schichten mit 6054 (±415) und 6595 (±500) Jahren v.Chr. und die oberhalb liegende Schicht mit 8610 (±610) v.Chr. datiert. Hiermit hat man eine umgekehrte Folge der Schichten, wo die obere Schicht 2556 Jahre älter als die untere ist! Es gibt unzählige ähnliche Beispiele...

Miloicic ruft an, die "kritische" Lektorierung der Radiokarbonmessungen durch Physiker und ihre "Auftraggeber" - die Archäologen - zu beenden und verlangt einen Verbot der "kritischen" Zensur bei der Veröffentlichung der Resultate. Miloicic bittet die Physiker, keine Daten zu verwerfen, die aus irgendwelchen Gründen für die Archäologen unmöglich erscheinen, sie sollten alle Resultate publizieren, alle Messergebnisse, ohne sie zu sortieren. Miloicic bewegt die Archäologen dazu, mit der Tradition der vorzeitigen Bekanntgabe des ungefähren Alters des Fundes (vor der erfolgten Radiokarbondatierung) an Physiker aufzuhören - sie dürfen keine Angaben über den Fund erhalten, bis sie ihre Daten veröffentlichen! Ansonsten ist es nicht möglich festzustellen, wie viele Radiokarbondaten mit wahren historischen Daten übereinstimmen, d.h. die Stufe der Verlässlichkeit der Methode ist nicht zu ermitteln.

Außerdem wirkt sich bei solchen "Lektorierung" von Resultaten der Datierungen der subjektive Blick des Wissenschaftlers am chronologischen Bild aus. Zum Beispiel in Gröningen, wo der Archäologe Becker schon lange die kurze Chronologie (für den europäischen Raum. - A.F.) benutzt, bekommt man "aus irgendeinem Grund" junge Radiokarbondaten, wobei in Schleswig und Heidelberg die Radiokarbondaten für analoger Materialien viel älter ausfallen" [29, S. 94-95]. Wir meinen, hier erübrigen sich jegliche Kommentare - die Sache ist klar.

Im Jahre 1988 bekam die Mitteilung über die Radiokarbondatierung eines berühmten christlichen Heiligtums -des Turiner Grabtuchs – einen großen Anklang. Laut der traditionellen Version zeigt dieses Stück Stoff die Spuren des gekreuzigten Jesus (erstes Jh. n.Chr.), das heißt, dass das Alter des Tuches ca. zweitausend Jahre beträgt. Aber die Radiokarbondatierung ergab ein ganz anderes Datum, ca. 11.-13. Jh. n.Chr. Wo liegt die Ursache für diese Diskrepanz? Es lassen sich folgende Schlüsse ziehen: entweder

Leser:         Es kommen wirklich viele Fragen auf. Was ist denn Ihr Resümee? Ich hoffe, sie werden nicht behaupten, dass Jesus Christus im 11. Jh. lebte?

Autor:        Wie wir sehen, kann die Radiokarbondatierung nur bei der Analyse sehr alter Gegenständen mehr oder weniger effektiv sein. Hier wird der charakteristische Datierungsfehler vielleicht keine so wesentliche Rolle spielen. Aber das mechanische Anwenden der Methode für die Datierung von Gegenständen, deren Alter zweitausend Jahre nicht übersteigt (und gerade diese historische Epoche ist für die Wiederherstellung der wahren Chronologie der die Schrift beherrschenden Zivilisation am interessantesten), ist für uns ohne die Durchführung der vorhergehenden breiten statistischen und kalibrierenden Untersuchungen an den Mustern, deren Alter zuverlässig bekannt ist, nicht möglich. Dabei ist von vornherein noch nicht klar, ob es zumindest prinzipiell möglich ist, die Messgenauigkeit der Methode bis zum geforderten Grade zu erhöhen.

Leser:         Es gibt aber auch andere physische Datierungsmethoden!

Autor:         Ja, aber ihre Anwendungsbreite ist wesentlich enger als bei der Radiokarbonmethode, und ihre Genauigkeit ist ebenfalls unbefriedigend (für die uns interessierende Epochen). Noch Anfang des Jahrhunderts wurde zum Beispiel vorgeschlagen, das Alter von Gebäuden anhand dessen zu bewerten, wie sie sich setzen, oder nach dem Deformierungsgrad der Säulen zu bestimmen. Diese Idee wurde nicht praktisch realisiert, weil es absolut unklar ist, wie man diese Methode kalibriert und wie man reell die Geschwindigkeit der Deformierung und des Setzens abschätzen sollte. Für die Datierung von Keramik wurden zwei Methoden vorgeschlagen: die archeomagnetische und die Thermoluminiszenz-Methode. Da hat man eigene Probleme bei der Kalibrierung - aus vielen Ursachen beschränken sich die archäologischen Datierungen mit diesen Methoden z.B. in Westeuropa nur auf das Mittelalter.

Leser:         Warum kam vor Ihnen keiner auf diese Idee der vollständigen Chronologierevision? Alle Wissenschaftler lebten ruhig, und da kommen Sie und Ihre Kollegen (dazu noch keine Historiker, sondern Wissenschaftler aus "fremden Gebieten") und versuchen die ehrenwerte wissenschaftliche Gesellschaft mit einem Skandal zu erschüttern. Scheint das Ihnen nicht merkwürdig?

Autor:         Die Sache liegt daran, dass wir bei unseren Zweifeln nicht die ersten waren. In weiteren Vorlesungen werden Sie über einige unserer Vorgänger - hervorragende Wissenschaftler- erfahren. Und beim "Skandal" liegen Sie falsch. Alle unsere Arbeiten waren und sind in zurückhaltendem Stil geschrieben, sie wurden in der wissenschaftlichen Presse veröffentlicht. Das Wort "Skandal" passt eher zu der Gegenreaktion unserer Opponenten. Der mildeste Vorwurf, den sie uns vorzuwerfen versuchten, war die Beschuldigung der "Schädigung der marxistischen historischen Wissenschaft".

Literatur.

27. Amalrik, A.S., Mongajt (Mongate), A.L., Tschto takoje archeologija? Moskwa, 1963 (Was ist Archäologie. Russ.)

28. Klein, L.S. Archeologija sporit s fisikoj. Zeitschrift Priroda. 1966, Nr. 2, Seiten 51-62 (Archäologie streitet mit Physik. Russ.)

29. Klein, L.S. Archeologija sporit s fisikoj. Zeitschrift Priroda. 1966, Nr. 3, Seiten 94-107 (Archäologie streitet mit Physik. Russ.)

30. Kosidowski, Z., Kogda solntse bylo bogom. Moskau, 1968 (auch 1991) (Als Sonne Gott war. Russ.).

30a. Kosidowski, Zenon, Gdy slonce bylo bogiem. Iskry, Warszawa, 1962 (Poln.)

31. Olejnikow A., Geologicheskie chasy, Leningrad, 1975 (Geologische Uhr, Russ.).

32. Libbi U. F. (Libby), Uglerod-14 – jadernyj khronometr archeologii, Kurjer Unesko, 1968, Nr. 7 (Kohlenstoff-14 – nuklearer Chronometer der Archäologie, Kurier UNESCO, Russ.)

33. Technika i nauka, 1984, Nr. 3, S. 9 (Technik und Wissenschaft, Russ.)

Ergänzende Literatur

Christian Blöss, Hans-Ulrich Niemitz, C14-Crash. Das Ende der Illusion, mit Radiokarbonmethode und Dendrochronologie datieren zu können, Mantis Verlag, Gräfelfing, 1997.