Homer an der Ostsee
Homer an der Ostsee, wie kommt man zu dieser Annahme? Seit der Antike stimmt die homerische Geographie nicht mit der mediterranen, griechischen Welt überein (man betrachte zum Beispiel das Gebiet von Ithaka oder die peloponnesische Ebene).
Ein Schlüssel um dieser Welt näher zu kommen findet sich in einem der Werke Plutarchs, mit dem Titel: "De facie in orbe lunae" ("Das Mondgesicht"), in dem er mit der Behauptung überrascht Calypsos Insel Ogygia liege im Nordatlantik, "fünf Tage Seefahrt von Britannien".
Folgt man diesem Anhaltspunkt und den genauen Beschreibungen der Odyssee, d.h. dem Weg des Odysseus in Richtung Osten nachdem er Ogygia (das einer der Färöer Inseln entspricht, etwa Stora-Dimun, deren höchster Berg der Högoyggj ist und Mykines eine der letzten Färöer Inseln) verlassen hat, lässt sich Scheria ("skerja" bedeutet "Fels" auf Altnordisch), das Land der Phäaken lokalisieren und zwar an der Südküste Norwegens, nahe der Mündung des Flusses Figgjo, dem Ort vieler Funde aus der Bronzezeit. Bei seiner Landung am felsigen Ufer des Flusses kam Odysseus die Flut zu Hilfe, die im Mittelmeer unbekannt ist.
Von der norwegischen Küste ausgehend, die vom Golfstrom gestreift wird, dem Ozeanfluss der Mythologie können wir das aus einer Gruppe dänischer Inseln (Süd-Fühen) bestehende Archipel ausmachen, auf das Homer Ithaka legt. Tatsächlich bestätigt Odysseus das Vorhandensein dreier Hauptinseln: Dulchium (was im griechischen soviel wie "die lange Insel" bedeutet; dergleichen findet sich im Mittelmeer keine), Same und Zacynthus, die ihrerseits Langeland (auf dänisch "die lange Insel"), Ærø und Tåsinge entsprechen.
Ithaka selbst kann man mit der Insel Lyø identifizieren, die ob ihrer geographischen Position genau mit der Beschreibung des Odysseus übereinstimmt: sie ist die westlichste, in der Nähe von Same/Ærø gelegene Insel des Archipels. Zwischen Ithaka/Lyø und Same/Ærø befindet sich eine andere, kleine Insel, die von Homer Asteris genannt wird, jetzt Avernakø. Lyø gleicht Ithaka in allen topographischen Einzelheiten: es finden sich zum Beispiel der alte "Phorcys Hafen" und der "Krähenstein" in den neolithischen Dolmen im Westen der Insel.
Das homerische Peloponnes –"die Insel des Pelops", wo die Atriden und König Nestor herrschten- liegt östlich vor Lyø und ist identisch mit der Insel Seeland, auf der das heutige Kopenhagen liegt: wie sowohl aus der Odyssee, als auch aus der Ilias hervorgeht handelt es sich um eine Ebene (demgegenüber ist das griechische Peloponnes weder eine Insel noch eine Ebene).
Wenden wir uns mit unseren Nachforschungen Troja zu (heute zweifeln einige Forscher, wie Prof. M. Finley, daß Troja mit der von Schliemann in der Nähe von Hissarlik entdeckten Stadt übereinstimme). Das homerische Troja befindet sich im Nordosten der Ostsee, gegenüber dem "weiten Hellespont", weshalb es mit der Stadt auf den Dardanellen nicht übereinstimmt (der mittelalterliche, dänische Historiker Saxo Grammaticus spricht von dem im estländischen Teil der Ostsee ansässigen Volk der Hellesponter).
Tatsächlich finden sich im Süden Finnlands, westlich von Helsinki viele Orte die an jene der Ilias erinnern und insbesondere an die der Trojanischen Verbündeten: Askainen, Reso, Karjaa, Nästi, Lyökki, Tenala, Kiila, Kiikoinen, Aigla und viele mehr. Die Ortsnamen Tanttala und Sipilä deuten darauf hin, dass dieser Sachverhalt nicht nur die homerische Geographie, sondern die gesamte "griechische" Mythologie betrifft.
Und Troja? Genau im Zentrum dieser Region, an einem Ort, dessen Eigenschaften mit den von Homer beschriebenen übereinstimmen -die hüglige Landschaft welche die mit zwei Flüssen durchzogene Ebene überragt, die sich bis zur Küste erstreckt, im Hintergrund die Gebirgslandschaft- können wir König Priamos’ Stadt situieren. Wir stellen fest, daß sie Plünderungen und Brandschatzungen der Achäer überstanden hat und bis heute ihren Namen unverändert beibehalten hat: "Toija" wie sie heute heißt ist, ungeachtet seiner tragischen und glorreichen Vergangenheit, ein ruhiges finnisches Dorf.
Die Gegend weist bemerkenswerte Spuren aus dem Bronzezeitalter auf. Des weiteren findet sich, in Richtung des Meeres, ein Ort namens "Aijala", der an den "Strand" (bei Homer: "Aigialos") erinnert, wo der Ilias nach (XIV, 34) die Achäer mit ihren Schiffen ankerten. Das erklärt warum die Krieger der trojanischen Ebene oft von "dichtem Nebel" umgeben wurden und das Meer des Odysseus "grau" und "dunstig" ist, keinesfalls aber dem schimmernden griechischen entspricht. Die homerischen Beschreibungen zeichnen ein typisch nordisches Klima (zu Lande wie zu Wasser), bestimmt durch Kälte, Wind, Regen Stürme und Schnee, selten aber durch Wärme und Sonne. Wir sind weit entfernt von den trocken-heißen Ebenen Anatoliens.
Auch die ungewöhnlich lange Dauer des Kampfes, der sich von Vers XI bis XVIII der Ilias erstrecket und zwei Tage (XI, 86; XVI, 777) und eine "schreckliche Nacht" währt (XVI, 567), ohne von Dunkelheit unterbrochen zu werden (im Mittelmeerraum unmöglich) wird verständlich: die helle Nacht der hohen Breitengrade kurz vor der Sommersonnenwende, ermöglicht es den "frischen" Truppen des Patroclos, die am Abend in den Kampf eingreifen, ohne Unterbrechung bis zum nächsten Tag durchzukämpfen.
Das "Verzeichnis der Schiffe" des zweiten Buches der Ilias erlaubt uns, indem wir gegen den Uhrzeigersinn der Ostseeküste folgen, die gesamte Welt Homers [und die bronzezeitliche Nordwelt] zu rekonstruieren. Die schwedische Bucht von Norrtälje zum Beispiel, von der aus die Fähren nach Helsinki ablegen, stimmt mit Aulis überein, von dem die Achäer nach Troja abfuhren; das Åland Archipel, die Insel Lemland erinnert an das antike Lemnos, auf der die Achäer auf der Reise Halt machten und in der Nähe von Stockholm begegnet uns Täby, das Theben des Ödipus, was von dem unweit gelegenen Tyresö, das an den Hellseher Teiresias erinnert, bestätigt wird. Die Insel Öland ist das antike Euboea, das ursprüngliche Athen des Theseus (von dem uns Plato im "Kritias" eine singuläre Beschreibung liefert: es lag in einer welligen Ebene mit vielen Flüssen, sehr unterschiedlich vom griechischen Landschaftsbild, liegt in der Nähe von Karlskrona, im Süden Schwedens. Dem Verzeichnis folgend treffen wir nun auf den Peloponnes, das Archipel Dulichium und Ithaka, kurz, die Ilias bestätigt die zuvor angedeutete Übereinstimmung aus der Odyssee mit Seeland, Langeland und Lyø.
Das "weite Land" von Kreta, das Homer nicht ein einziges Mal Insel nennt, lag entlang der polnischen Ostseeküste (der Name Polens selbst erinnert an die "edlen Pelasger", die mythischen Bewohner Kretas; außerdem lag, entsprechend des Mythos von Ariadne und Theseus die Insel Naxos zwischen Kreta/Polen und Athen/Karlskrona (und tatsächlich findet sich dort die Insel Bornholm mit der Stadt Neskö); die estische Insel Hiiumaa, oder Chiuma, die Nestors Flotte auf der Rückkehr von Troja passierte.
Im finnischen Ortsnamen Jolkka klingt Iolus, die mythische Stadt Jasons an; der Name des Bergs Pallas entspricht dem Rufnamen der Göttin Athene und der Fluss Kyrönjoki erinnert an den Kentaurus Chiron, was die Frage aufwirft, ob die ihn bekämpfenden Lapithen nicht die Lappen seien.
Insbesondere die Aetolianer, die dem Verzeichnis folgend zwischen Ithaka und Kreta lagen, waren wahrscheinlich Vorfahren der Juten; infolgedessen entsprechen ihre Städte Kalydon und Pylene den südlich des Jutlands gelegenen Städten Kiel und Plön. Das heutige Helgoland, auch Fositesland genannt, (d.h. "das Land des Fositen", eine friesische Gottheit die Poseidon entspricht), stimmt mit dem Helike Homers, einem in der Ilias Poseidon gewidmetem Tempel überein.
Was aber hat es mit den Fahrten des Odysseus nach dem trojanischen Krieg auf sich? Kurz vor seiner Ankunft in Ithaka entfernt ihn ein Sturm von seiner Heimatinsel, sodass er unzählige Abenteuer an exotischen Orten besteht, ehe er Ogygia, das heißt Färö, erreicht. Diese Orte liegen außerhalb der Ostsee im Nordatlantik (er trifft auf den "Ozeanfluss", den Golfstrom).
Zunächst stößt Odysseus auf die Eolische Insel, wo er dem "König der Winde" oder Sohn des Ritters" begegnet, eine der Shetlandinseln (vielleicht Yell), auf der starke Winde wehen und es Ponys gibt. Die Kyklopen gab es an der Küste Norwegens, in der Nähe des Tosenfjords (ist der Name ihrer Mutter doch Thoosa); sie entsprechen den Trolls der norwegischen Folklore. Das Gebiet der Lestrigonen lag nordwärts an derselben Küste: Homer sagt, daß dort die Tage sehr lang sind (tatsächlich situiert Prof. R. Graves die Lestrigonen im Norden Norwegens. Überdies findet sich in dieser Gegend die Insel Lamøj, (das homerische Lamos); die Insel der Zauberin Kirke, auf der die Mitternachtssonne scheint und es die ‚drehende Morgendämmerung’ gibt ("der Tanz der Morgendämmerung", wie es bei Homer heißt), ist Jan Mayen (zu jener Zeit war das Klima wärmer).
Prof. Graves Ansicht nach waren die sonderbaren "wandelnden Felsen", Eisberge; der Charybdis war der berühmte Malstromstrudel bei den Lofoten, südlich dessen Odysseus auf Thrinakia, das heißt auf griechisch "Dreizack", also auf die sich in der Nähe des Malstroms befindliche Insel Vaerøj, eine Insel mit drei Gipfeln stößt. Die Sirenen sind für Seeleute gefährliche Untiefen. Vom verlockenden Geräusch der ablaufenden Strömung (Sirenengesang) angezogen, glauben diese kurz vor der Landung zu stehen, beim Näherkommen aber laufen sie Gefahr an den Riffen zu zerschellen.
Diese Abenteuer, wahrscheinlich von den Legenden und Geschichten der Seeleute abgeleitet und durch die Phantasie des Dichters aufgearbeitet, stellen das letzte Zeugnis der Ozeanrouten dar, denen die Schiffer des nordischen Bronzezeitalters folgten und die letztendlich, durch die Übertragung in einen anderen Kontext, unverständlich wurden.
Des weiteren erzählt die Odyssee von einem Bronzemarkt im Ausland mit dem Namen "Temese", den man im Mittelmeerraum vergeblich sucht. Da Bronze, ein Gemisch aus Kupfer und Zinn, im Norden nur in Cornwall gefunden wird, ist es sehr wahrscheinlich, daß das mysteriöse "Temese" der Themse entspricht, die in der Antike "Tameseis" oder "Tamensim" genannt wurde. Dementsprechend lehrt uns die Odyssee, dass die alten Skandinavier wahrscheinlich zur Temese/Themse –"überseeisch, in einem fremden Land"- fuhren um ihren Bedarf an Bronze zu decken.
Kurz, die Verlagerung der Ilias und der Odyssee nach Norden ermöglicht ein allgemeines und vollständiges Bild, das in absolutem Einklang mit der griechischen Mythologie steht, was hingegen man vom Mittelmeerraum in keiner Weise behaupten kann. Überdies steht diese These in Einklang mit zahlreichen archäologischen Funden Griechenlands, die den nordischen Ursprung der mykenischen Zivilisation bestätigen (Prof. P. Nilsson: "Homer and Mycenae", London 1933, Seiten: 71-86). Prof. Nilsson unterstreicht vor allem die bemerkenswerten Mengen von Bernstein die in frühsten mykenischen Gräbern gefunden wurden und sein Fehlen in später datierten Gräbern; die nordischen Charakteristika der mykenischen Architektur (das mykenische Megaron "entspricht der Palasthalle früher skandinavischer Könige"); die "auffällige Ähnlichkeit" einiger in einer Grabkammer in Dundra gefundener Steinplatten mit "aus dem Bronzezeitalter stammenden Menhiren Mitteleuropas"; [die nordisch anmutenden Schädelknochen, die in der Necropolis Kalkani gefunden wurden, u.s.w.].
Ferner haben Forscher bemerkenswerte Analogien zwischen einem enormen bronzezeitlichen, schwedischen Grab in der Nähe von Kivik (75 Meter Durchmesser!), das Gravuren auf der Grabplatte aufweist und den zur gleichen Zeit enstandenen Bildern von Ägäern (Kretern und Mykenern), festgestellt. Dies ist ein Grund dafür, daß ein Megalith von Stonehenge (im Süden Englands) das Grafitti eines mykenischen Dolchs aufweist; (weitere Funde aus der selben Gegend scheinen darauf hinzuweisen, daß diese Zivilisation sich vor der griechischen entwickelt hat) und die bei Homer beschriebene Zivilisation archaischer zu sein scheint als die mykenische.
Andererseits behauptet der berühmte Forscher Stuart Piggott in seinem Buch "Das alte Europa", ("Ancient Europe)" (Kap.IV): "Der Adel [homerischer] Hexameter sollte uns nicht dem Irrglauben aussetzen die Ilias und die Odyssee unterschieden sich von den Gedichten des weithin barbarischen Europas zur Zeit der Bronze- und der frühen Eisenzeit." Piggott zitiert in Folge eine besonders wichtige Behauptung Rhys Carpenters: "In den Adern der griechischen Musen fließt kein minoisches oder asiatisches Blut: sie sind weit entfernt von der kretisch-mykenischen Welt. Vielmehr stehen sie in Kontakt mit den europäischen Elementen griechischer Kultur und Sprache [...] hinter dem mykenischen Griechenland [...] steht das gesamte Europa."
So kommt es also dazu, das die Begebenheiten der homerischen Gedichte und der griechischen Mythologie stattfanden, währen um 1600 v. Chr. das Bronzezeitalter an den Ostseeküsten seine Blütezeit hatte; später, nachdem der "nacheiszeitliche Klimahöhepunkt" (mit wesentlich höheren Durchschnittstemperaturen als gegenwärtig) sein Ende erreicht hatte, zogen die blondhaarigen achäischen Seefahrer ins Mittelmeer um: wahrscheinlich dem Dnjeper bis ins Schwarzmeer folgend, genauso wie viele Jahrhunderte später die Wickinger (deren Kultur in vielem der achäischen ähnelt).
Dementsprechend wurde die mykenische Zivilisation, die nicht aus Griechenland stammt, dennoch in der Ägäis geboren und erreichte ihre Blüte um 1600 v.Chr., in Übereinstimmung mit dem Klimawechsel Nordeuropas (Grund der zeitgleich stattfindenden Wanderungen anderer Indo-europäischer Völker, wie der Arier, Hetither, Kassiter u.s.w.). Die Mykener benannten die verschiedenen von ihnen besiedelten Orte nach denen ihrer verlorenen Heimat. Nebenbei gesagt, sie gaben von Generation zu Generation die alten Geschichten ihrer Vorfahren und den ursprünglichen Kern der Ilias und der Odyssee, wahre "literarische Fossilien" den Zusammenbruch des Bronzezeitalters Nordeuropas überdauerten: aus diesem Grund weiß niemand genaues über den Autor oder die Autoren. Dennoch hielten die alten Griechen die Erinnerung an ihren "hyperboreischen" Ursprung lebendig. Andererseits unterstreicht B. G. Tilak in seinem Buch: "Das arktische Haus in Vedas" ("The arctic house in Vedas") den nordischen Ursprung der Arier, den "Vettern" der Achäer.
Kurz, es gibt ausreichend Hinweise um auf Lyø und Toija mit sehr vielversprechenden archäologischen Untersuchungen zu beginnen: in der Nähe von Toija wurden Funde aus dem Stein- und Bronzezeitalter gemacht; außerdem wurden in der Gegend um Salo (eine ca. 20 km entfernte Stadt) wunderbare Bronzeschwerter gefunden, die jetzt im Nationalmuseum von Helsinki zu sehen sind. Dies ist Beweis dafür, daß die Gegend tatsächlich der Ort einer antiken Zivilisation war. Ob es sich dabei um die von Homer besungene handelt? Das letzte Wort hängt nunmehr von den Archäologen ab.
Felice Vinci, Omero nel Baltico, with introduction by R. Calzecchi Onesti and F. Cuomo. Publisher: Fratelli Palombi Editori, 2nd edition 1998, Rome. ISBN: 88-7621-211-6 (an English translation is available by contacting the author).
e-mail: vinci.felice@enel.it