(Kapitel 1)
Kapitel 1: Die zerbrochene Jahreszählung

Inhalt des Kapitels
Abschnitt 1: Seit Erschaffung der Welt
Abschnitt 2: Beginn der christlichen Jahreszählung: Regino von Prüm
Abschnitt 3: Die spanische ERA
Abschnitt 4: Das magische Jahr Tausendeins
Abschnitt 5: So wird eine Epoche geschaffen
Abschnitt 6: Die Entlarvung der spanischen ERA
Abschnitt 7: Der geniale Regiomontanus


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Abschnitt 1: Seit Erschaffung der Welt


Nach allgemeiner Ansicht gibt es ein Volk, das seit mehreren Jahrtausenden Geschichtsschreibung gepflegt hat und eine 5670 Jahre zurückreichende Jahreszählung besitzt, die bis in Details schriftlich belegt sei. Ich meine das jüdische Volk und das Alte Testament. Die Jahreszählung hat ihren fiktiven Anfang im Augenblick der Erschaffung der Welt, eine Berechnung, die auch von christlichen Schriftstellern – besonders in Byzanz – übernommen wurde.
Leider sind die Ansätze dieser Ären völlig unbrauchbar, denn es gibt mehrere hundert verschiedene Angaben über den Beginn der Weltschöpfungsära, von 6984 v.Ztr. bis 3483 v. Ztr. (Meyers Lexikon 1904, Bd.1). Darum ist auch die Einordnung von jüdischen Grabsteinen, die nach einer Weltschöpfungsära datiert sind, heute nicht mehr möglich.
Der amerikanische Gelehrte Richard Landes hat in einer ausführlichen Studie (1988) gezeigt, daß die weit voneinander abweichenden Ansätze für die »Weltschöpfungsära« der Juden auf die Messias-Erwartung gegründet sind. Die Erwartung des Erlösers ist grundsätzlicher Glaubensinhalt des Judentums und meist an runde oder symbolische Jahreszahlen wie 500 oder 1000 gebunden. Landes hat speziell eine Verschiebung der »Weltschöpfungsära« um 300 Jahre im Mittelalter nachweisen können.
Bekannt ist auch, daß die Jahresangaben im Alten Testament, die sogar von modernen Wissenschaftlern häufig als Berechnungsbasis übernommen wurden, in der Mehrzahl rein symbolische Zeitabschnitte sind, wie Lepsius 1849 klarlegte (dazu Illig in VFG 5- 1991, S. 21-34): Es handelt sich fast durchgehend um Abschnitte von 40 Jahren oder dem mehrfachen von 40; von der 40-jährigen Wüstenwanderung des Volkes Israel bis zur 40-jährigen Regierungszeit Salomos sind zehn solcher Vierzigergruppen aufgelistet. Im weiteren Verlauf der hebräischen Geschichtsschreibung geht es ebenso symbolisch zu, man schneidert gerne Zyklen von 480 (= 12 mal 40) Jahren und muß die Ereignisse entsprechend auf dem Zeitstrahl hin und herschieben.
Wie gesagt – diese Manipulationen hatten im Grunde nur ein Ziel, nämlich die Wiederkunft des gesalbten Königs vorauszusagen, fast möchte man denken: durch die Berechnung zu erzwingen. Denn der Messias ist Mittelpunkt der jüdischen Hoffnung.
Wollte man zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit die Wiederkehr des Heilands in nächster Zeit stattfinden lassen – etwa um mit der damit verbundenen apokalyptischen Hysterie Politik zu treiben – oder ein erfolglos übergangenes Datum korrigieren, dann mußte man den Anfang der Ära, also die Erschaffung der Welt, entsprechend versetzen. Damit wurde auch die Geschichte des jüdischen Volkes immer länger.
Der jüdische Glaube an ein Tausendjähriges Reich hatte seine Wurzeln in der persischen Erwartung des Saoschiant. Nach zoroastrischer Lehre teilten sich Ormusd und Ahriman die ersten 3000 Jahre der Menschheitsgeschichte, danach herrschte Ahriman weitere 3000 Jahre allein, bis Ormusd mit den Lichtengeln den Sieg davonträgt und dann für immer die Welt regieren wird. Dieser letzte Akt wurde noch erwartet. Die jüdische Theologie hatte ihr Maß der 6000 Jahre hierher bezogen, aber auf eigene Art erklärt: Der gesamte Zeitraum der Menschheitsgeschichte wird einem Tag von (altertümlich) 12 Stunden gleichgesetzt, so daß jede Stunde 500 Jahren entspricht (was insgesamt wieder 6000 Jahre ergibt). Die letzte Stunde des Tages – vor Sonnenuntergang – gilt den Juden als Ruhezeit: Das ist der Moment, wenn der Messias kommt. Später erhöhte man die 500 Jahre nach einem anderen Rechenmodus auf 600, bis man schließlich ganz von diesem Begriff abging (hierzu Corrodi 1794).
Bei den frühen Christen war die Endzeiterwartung noch einfach: Es gab nur zwei Reiche, eins von Adam bis Jesus, das zweite vom Heiland bis zum Jüngsten Tag. Durch die Bewegung um Montanus (traditionell 120 – 179) kam eine neue Vorstellung auf, die ein drittes Reich einschloß: das zweite reichte von Jesus bis zum Parakleten (»Tröster«, in diesem Fall Montanus selbst, später z.B. Mohammed), erst nach ihm brach das letzte Reich an, das bis zum Jüngsten Tag dauern wird, mindestens aber 1000 Jahre. Diese Vorstellungen sind durchaus nicht mit der Apokalypse des Johannes identisch, aber vor ähnlichem geistigen Hintergrund entstanden (Hertel 1934).
Wann die Endzeitpsychose tatsächlich in Europa Eingang fand, läßt sich nicht mehr feststellen. Im 10. Jahrhundert kam in Deutschland – ausgelöst durch die Schrecken der Ungarneinfälle, sagt man – so etwas wie eine Heilandserwartung auf, die sich aber nur als geistige Strömung bemerkbar machte. Vermutlich hat sie den jungen Otto III mitbeeinflußt, wobei in seinem Kreis nur die frohe Erwartung im Vordergrund stand. Mit den zweieinhalb Jahrhunderte später ausbrechenden Weltende-Epidemien, mit Joachim von Fiore und den Geißlern, hatte das noch nichts zu tun.
Jene historisch schon erfaßbare Millenniums-Hysterie um 1260 ist für uns die erste ihrer Art.
Das Papsttum profitierte zunächst von dieser Heilserwartung, als mit den Kreuzzügen auf die endzeitlich überragende Bedeutung von Jerusalem abgezielt wurde, enttäuschte dann jedoch die Bewegungen und verketzerte sie, weil es sie anders nicht mehr im Griff halten konnte. Papst Clemens VI verbot die Geißler 1349. Später endeten einige von ihnen auf den Scheiterhaufen der Inquisition.
Die Anfänge lagen jedenfalls nicht bei Paulus, nicht bei den Montanisten, sondern frühestens in der Zeit der Ottonen. Vermutlich war man sich später darüber klargeworden, daß die Christianisierung Mittel- und Osteuropas, die frühestens Ende des 10. Jahrhunderts vor sich gegangen war, eine Wende im Bewußtsein der Europäer und den Beginn der abendländischen Kirche bedeutete. Dies war wohl der Hauptgrund, hier nachträglich das Jahr Tausendeins nach Christus anzusetzen. Man legte rückwärtsblickend fest, wann die einzelnen Länder sich endgültig zum Christentum bekehrt hätten: Island genau im Jahr 1000, per einhelligen Thingbeschluß (das mochte ich schon als Schüler nicht glauben), Ungarn durch den Heiligen Stephan, der 1001 die Krone von Papst Silvester II entgegennahm und das Land gewalttätig zum Christentum zwang (schon eher glaubwürdig), die Errichtung des selbständigen – das heißt von der »Metropole« Magdeburg unabhängigen – polnischen Erzbistums Gnesen im Jahr 1000 durch Otto III, wo dann für mehr als drei Jahrhunderte die polnischen Könige gekrönt wurden, usw.
Selbst die türkischen Seldschuken wurden angeblich genau im Jahr 1000 (umgerechnet) zum Islam bekehrt.
In der christlichen Heilserwartung tauchte auch mehrmals 500 als Grenze auf, wie schon erwähnt. So glaubten einige Theologen, daß Jesu Geburt im Jahre 5500 seit Erschaffung der Welt stattgefunden habe, weshalb seine Wiederkehr am Ende des 6. Jahrtausends zu erwarten wäre. Da 500 Jahre nach Jesus nichts derartiges geschehen war, mußte man später eine Korrektur vornehmen. Wie das vor sich ging, führt Illig (1996, S. 85f. nach Arno Borst) vor: Ein anonymer merowingischer (vermutlich mehrere Jahrhunderte später erfundener) Autor eines »Osterkalenders« versetzte das Datum von Christi Geburt von 5500 nach Erschaffung der Welt auf 5200, streckte die christliche Zeitrechnung also um glatte 300 Jahre und erreichte damit, daß Kaiser Karls Krönungsjahr (»800 AD«, den Chroniken nach im Januar 801) zum Beginn des 7. Jahrtausends der Menschheit wurde, also zum Auftakt des »letzten Tausendjahrreiches«.
Wiederum ist die Beschwörung eines nahen Weltendes Ursache für künstliche Daten. Und wozu – möchte man als religiöser Mensch fragen – sollte eine Zeitrechnung sonst dienen? Haben nicht alle diese meist Jahrhunderte später eingeführten Jahreszählungen einen esoterischen, zahlenmystischen Sinn, der die Wiederkehr eines Herrschers oder einer Idee bewirken soll?
So gesehen wäre es ungewöhnlich, wenn unsere Anno-Domini-Jahre zu einem anderen Zeitpunkt einsetzen würden als zu einem Jahr 1001, das eben irgendwann einmal, als es Not erforderlich oder Jubelstimmung möglich machte, fixiert wurde.



Abschnitt 2: Beginn der christlichen Jahreszählung: Regino von Prüm

Seit wann rechnen wir eigentlich mit »Jahren nach Christi Geburt«?
Offensichtlich wurde unsere heutige Zeitrechnung »nach Christus« nicht seit der Zeit Jesu üblich, auch nicht seit 325, dem offiziellen Datum, zu dem das Christentum die Staatsreligion des Römischen Reiches von Jerusalem bis Tanger geworden war. Die Leitung der römisch-katholischen Kirche im Vatikan führte die Zeitrechnung »nach Christi Geburt« oder »im Jahr des Herrn, Anno Domini (=AD)« erst vor etwa fünfeinhalb Jahrhunderten ein. Damit entfällt für fast drei Viertel der gesamten Zählung die Garantie.
Es gab aber schon vor dem 15. Jh. einige Chronisten und Komputisten (Kalender-Mathematiker), die eine Jahreszählung seit Christi Tod oder Geburt schrittweise vorführten. Die Benützung durch Regierende und Volk bürgerte sich sehr langsam ein. Man nimmt heute allgemein an, daß eine solche Zählung vor dem 12. Jahrhundert nicht in Gebrauch war, da kaum ältere verläßliche Dokumente mit dieser Datierungsweise existieren (Gertrud Bodmann, 1992, S.38).
Populärerweise wird dem Dionysius Exiguus (= der Hinker, gest. 556), oft auch einem nicht näher bekannten Vorgänger namens Victorin von Aquitanien (465, nach anderen gestorben 393), die Einführung unserer heutigen Anno-Domini-Zeitrechnung, angelastet, aber das erste Schriftwerk, in dem sie konsequent durchgeführt wird, ist die Chronik des Mönchs Regino aus dem Kloster Prüm in der Eifel, angeblich im 10. Jahrhundert geschrieben. Vermutlich ist diese Chronik ein oder zwei Jahrhunderte rückdatiert, stammt also aus dem 11. oder 12. Jahrhundert. Über die Einzelheiten gibt es interessante Diskussionen unter den Wissenschaftlern, der Gesamteindruck ist jedoch deutlich: Seit höchstens tausend Jahren zählen wir unsere Jahre »n.Chr.«, es fehlen also Nachweise über die ersten tausend Jahre.
Wie hat nun diese Einführung der christlichen Jahreszählung begonnen? Schauen wir uns diese erste abendländische Chronik näher an!
In Band VII der »Ausgewerteten Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters« (R. Buchner 1964, S.7) liest man zu Regino von Prüm, daß seine Darstellung der Geschichte von Christi Geburt bis zur Gegenwart ein erster Versuch war, der noch nicht gelang. Erst um 1040 wurde ein entsprechender Versuch »unabhängig von Regino« wieder ausgeführt, und zwar von einem Reichenauer Mönch in der Schwäbischen Weltchronik, die allerdings verloren ist. Der tatsächliche Beginn der Verwendung unserer heutigen Zeitrechnung dürfte noch ein Jahrhundert später liegen.
Buchner schreibt weiter (S.8): »Trotz solcher Unzulänglichkeiten stellt Reginos Chronik eine bedeutende historiographische Leistung dar, ... weil er sich von der mit dem Aufstieg der Karolinger einsetzenden Beschreibung als Erfüllung der Weltgeschichte freimacht.« Die Franken sind demnach bei Regino nicht mehr die Erfüller der Weltgeschichte und haben nicht mehr diese heilsgeschichtliche Bedeutung als Christianisierer des Abendlandes, denn Regino legt eher eine heidnische Einstellung an den Tag und schätzt mehr die Mannestugend und das persönliche Handeln, das über Glück und Unglück entscheidet.
Gegen Buchners Auffassung wäre leichter anzunehmen, daß der Mönch aus Prüm noch nicht so weit christianisiert war und den Anschluß an das deutsche Heidentum noch nicht verloren hatte. Die Verbrämung der Karolinger als Christianisierer Mitteleuropas dürfte erst im Hochmittelalter aufgekommen sein, einige Generationen nach ihm.
Da die Originalhandschrift der Prümer Chronik nicht mehr erhalten ist und auch keine unmittelbare Abschrift mehr davon existiert (F. Kurze (1890), wissen wir natürlich nicht, an welchen Stellen nachträglich gefälscht oder »interpoliert« (eingeschoben) wurde. Das Augenmerk richtet sich besonders auf Anfang und Schluß des Schriftstücks, weil hier bekanntlich Veränderungen am leichtesten vorzunehmen sind. Der Titel lautet Libellus de temporibus dominicae incarnationis (Buch über die Zeitläufe der Fleischwerdung des Herrn), was wie ein Programm klingt, die AD-Zählung einzuführen. Am Schluß des Textes steht eine Absichtserklärung, die anzeigt, daß es sich um einen bewußten Schritt zur Vereinheitlichung der Reichsannalen handelt. Außerdem ist diese Chronik dem Bischof Adalbero von Augsburg gewidmet, in dessen Händen die Erziehung des Königs Ludwig (›das Kind‹, 900-911) lag, weshalb Regine Sonntag (1987, S. 117) die Abfassung der Chronik als erzieherische Maßnahme bezeichnet.
Das mit enormer Sachkenntnis und unter Verwendung auch englischer und französischer Literatur gefällte Urteil von Regine Sonntag müssen wir als neuesten Stand der Forschung akzeptieren. Nach Untersuchung sämtlicher greifbarer Texte kommt sie zu dem Schluß, »daß es Regino von Prüm ist, der die durchgehende Zählung nach Inkarnationsjahren erstmals in der Weltgeschichtsschreibung anwendet.« (S. 109). Regino beweist dabei »ein außergewöhnlich hohes Maß an gedanklicher Unabhängigkeit und Eigenständigkeit« (S. 145) im Hinblick auf seine Zeitgenossen. »Natürlich ist die von Regino mit viel kritischem Bemühen ausgearbeitete chronologische Ordnung nach heutigen Erkenntnissen unhaltbar, gültig aber bleibt die in ihrer Art außergewöhnliche und über lange Zeit singuläre Leistung.« Da haben wir also ein Werk, das seiner Zeit weit voraus war und doch keine bleibende Ordnung in die Geschichte brachte. Als echte Reichsannalen kann man es nicht werten, denn zwischen den Jahren 818 und 870 sind alle Nachrichten unzuverlässig, und wir können »davon ausgehen, daß Regino Nachrichten, für die er ein sicheres Datum nicht in Erfahrung bringen konnte, mehr oder weniger willkürlich auf verschiedene Jahre verteilte.« (S. 123; ebenso schon Karl Werner, 1959). Ab 870 wird die Chronologie »weniger fehlerhaft«.
Das hört sich skandalös an, wenn man bedenkt, daß das Jahr 870 angeblich in der Lebenszeit des Chronisten Regino lag. Dagegen sind die frühen römischen Kaiser in dieser Chronik für heutige Begriffe exakt datiert.
Nicht nur aus Titel, Widmung und Schlußsatz der Chronik, sondern aus dem ganzen Text geht hervor, daß die Einführung der Datierung in Jahren »nach der Fleischwerdung des Herrn« bewußt als neuer Schritt erfolgte, wobei auch die Umrechnung von bisher gebräuchlichen Ären (»seit Erschaffung der Welt«, Märtyrer-Ära Diokletians, Regierungsjahre der Kaiser usw.) vorgeführt wird. Das wäre dann also für uns ein fester Anhaltspunkt zur Prüfung, wie unsere Zeitrechnung zustandekam.
Leider erwähnt Regino »Bedas›Chronica maiora‹(um 725) mit keinem Wort, obwohl nahezu sämtliche Angaben über die Dauer der Regierungen der römischen und byzantinischen Kaiser vom 42. Jahr des Augustus bis zum 9. Jahr Leos III. daraus entnommen sind.« (S. 87). Insgesamt kann Sonntag 115 Zahlenangaben auf Beda zurückführen. Ob die Abhängigkeit auch in umgekehrter Reihenfolge sein könnte, untersucht sie leider nicht, da sie die vorgegebenen Lebensdaten dieser (eher fiktiven) Chronisten ernstnimmt.
Als nächstwichtiges Vorbild Reginos erkennt Sonntag (S. 88) die Langobardengeschichte des Paulus Diakonus, mit der 57 Zahlenangaben übereinstimmen. Es scheint, daß Regino direkt von Paulus abschrieb, der wiederum auf Beda fußen soll, dessen Angaben schließlich bei Gregor von Tours vorgegeben sind (S. 89). Diese Abhängigkeitsreihe wird erst fragwürdig, wenn man merkt, daß Gregors Gedankengänge eigentlich einer viel späteren Zeit angehören. Aber dieser wichtige Theologe und Chronist (angeblich 6. Jahrhundert) wird heute in sehr zwiespältiger Form beurteilt. Zwischen ... »fortwährend reißt ihn die Konkretheit des Geschehens ... fort, und er erzählt einfach, was passiert ist – brühwarm ...« (Erich Auerbach, 1971) und »Gregor ist der Urheber von Legenden, die über 1000 Jahre die Welt getäuscht haben« (Krusch 1884, beide zitiert in Sonntag), ist alles möglich, nur nicht die einfache Feststellung, daß diese Schriften von viel später lebenden Mönchen erdacht wurden. Denn, wie Buchner (1933) sagt: »Aller Wahrscheinlichkeit nach (ist) der Archetyp unserer Überlieferung nicht mit dem Original Gregors identisch.« Das heißt: Nicht einmal die aus den Abschriften rückwärts erschlossene (verlorene) Vorlage ist der Originalschrift Gregors, die wir ja nicht kennen, gleichzustellen.
Werner hat »Zur Arbeitsweise des Regino von Prüm« (1959) einige erstaunlich genaue Vorlagen gefunden, zum Beispiel einen Text aus der Kathedrale von Angers in Frankreich aus dem 12. Jahrhundert, der praktisch wörtlich in Reginos Chronik vorkommt. Um dies zu erklären, muß er ein umständliches Szenario aufbauen: Regino hat seine ersten Aufzeichnungen nach Berichten aus Westfrankreich verfaßt, und diese Texte von Prüm sind danach wiederum in Angers für das Domkartular verwendet worden. Das Hin- und Herfluten der klerikalen Texte in diesen Jahrhunderten ist ganz beachtlich!
Immerhin hat Sonntag für 160 Zahlenangaben in Reginos Inkarnationszählung keine bekannten Vorbilder ausmachen können. »Daß Regino als erster Weltchronist seine Darstellung nicht mit der Schöpfung sondern mit Christi Geburt beginnt, ist lange bekannt.« (S. 94). Grundlage für die Zahlenfolge ist der Satz: ›Im Jahre 42 des Kaisers Octavian ist Jesus Christus Gottes Sohn geboren.‹ Dadurch wird das Jahr 753 ab urbe condita (seit Gründung Roms) zum Jahr 1 christlicher Zählung ernannt, aber worauf sich diese Festlegung gründete, wird verschwiegen.
Dieselbe Berechnung finden wir bei Beda, nämlich zwei Angaben in AD: in der Einleitung das Jahr 248 der Diokletian-Ära als AD 532, und am Ende der Chronik das Jahr 4670 seit Erschaffung der Welt als AD 716. Da aber Einleitung und Chronikschluß stets fälschungsverdächtig sind, darf man aus diesen beiden vereinzelten Daten keine weitreichenden Schlüsse ziehen, zumal 532 eine durch den Osterfestzyklus festgelegte rein symbolische Zahl ist. In seiner Schrift »Von den sechs Zeitaltern der Welt« bringt Beda die AD-Zählung in Zusammenhang mit Schwärmereien vom Weltuntergang, was erst recht unpassend anmutet, da diese Gedanken erst ein halbes Jahrtausend später aufkamen.
Eine Betrachtung des Stils der Chronik des »verehrungswürdigen« Beda, die aus verschiedenen englischen Chroniken zusammengestellt ist, wie auch gewisser inhaltlicher Einzelheiten seiner christlichen Missionsschriften, müßte eigentlich zu der Erkenntnis führen, daß sie viel später verfaßt wurde. Illig hat überdies herausgefunden (auf R. Newton fußend, VFG 3-4,1993, S.59 f.), daß Beda die Null schon in einer Weise verwendet, die eine geläufige Kenntnis derselben bei seinen Lesern voraussetzt, was aber erst im 12. Jahrhundert in dieser Form sein kann. Das Buch des »Verehrenswerten« müßte demnach zwischen 1120 und 1203 geschrieben sein. Auch seine Verwendung von Jahreszahlen »vor Christi Geburt« könnte frühestens mit Marianus Scotus (1070) zugleich angesetzt werden, der acht solche Jahresangaben bringt. Damit scheidet Beda als Einführer der AD-Zählung aus.
In der Langobardengeschichte des Paulus Diakonus, die bis 744 reicht, gibt es nur eine einzige Jahresangabe in AD. Sie bezieht sich auf die Einwanderung der Langobarden in Italien, die auf 568 festgelegt wird. Es handelt sich um einen der typischen später errechneten Aufhänger für ein chronologisches Gerüst.
Bleibt nur noch der anfangs erwähnte skythisch-römische Mönch Dionysius (»der Hinker«) als Quelle aller dieser Berechnungen, denn in seiner »Ostertafel«, die auf das Jahr 247 der Diokletian-Ära gelegt wird, schließt direkt das Jahr 532 nach Christi Geburt an, leider ohne rechnerische Begründung. Geschichtswissenschaftler berechnen heute, daß 247 der Diokletian-Ära unserem Jahr 525 entspricht, woraus folgt, daß Dionysius das korrekte Geburtsjahr Christi, nämlich 7 v.Chr., verwendete (532 – 525 = 7). Da ihm darin – außer einigen mittelalterlichen Zeitberechnern (Komputisten) – niemand gefolgt ist, kann er ebensowenig wie sein »Vorgänger« Victorin oder sein »Nachfolger« Beda als Schöpfer unserer Jahreszählung gelten. Die Festlegung auf 532 dürfte ein später Trick sein. Sie soll angeblich die Wiederkehr des Ostertages mit gleicher Mondphase (28 mal 19 ergibt 532) betonen. 19 Jahre dauert ein metonischer Mondzyklus, das heißt, da kehrt dieselbe Mondphase am selben Tag des Jahres wieder; und spätestens alle 28 Jahre ist die Wiederkehr der selben Wochentage gewährleistet; das gilt natürlich nur für den Julianischen Kalender.

Reginos Chronik ist also die erste, die nachweislich Inkarnationszahlen verwendet, während die anderen Chroniken, die angeblich älter sind, nur nachträgliche Hinweise darauf bringen. Daß diese Chronik, die bis 906 geht, damals schon geschrieben wurde, wie behauptet wird, ist wohl unhaltbar. Nicht nur die in seine eigene Lebenszeit fallenden Daten sind nach heutiger Lehre fehlerhaft und die der davorliegenden beiden Generationen ein heilloses Chaos, sondern auch die früheren Jahrhunderte weisen bemerkenswerte Fehler auf. Ab dem Jahr 82 sind die Regierungsdaten der Kaiser verkürzt, so daß am Ende der Kette der Kaiser Leo III mit 655 AD um 60 Jahre zu früh liegt. Regino greift nun einfach auf die in Bedas Chronik enthaltene Notiz über den irischen Missionar Ecberectus zurück und beginnt seine Chronik mit Karl Martell im Jahr 716 erneut und endet im letzten Regierungsjahr, dem 26., von Karl dem Großen, 818, was nach heutiger Ansicht alles falsche Daten sind. Dann setzt Reginos zweiter Band mit den phantasiereichen Zahlen ein. Daraus ergibt sich, daß auch Reginos Chronik kaum vor dem Jahr 1200 anzusetzen sein wird.
Der Anfang der AD-Jahreszählung war also noch äußerst fehlerhaft und begann nicht vor 1200.
So werden die bedauerlichen Fehler Reginos zu aufschlußreichen Hinweisen auf die Technik der Geschichtsschreibung bei der Einführung einer neuen Chronologie im Hochmittelalter. Von der AD-Zählung können wir jedenfalls nicht erwarten, daß sie uns über die vor dem Jahr 1000 liegenden Ereignisse Aufschluß gibt.


Abschnitt 3: Die spanische ERA

Da unsere eigene Zeitrechnung versagt, müssen wir uns einer älteren Jahreszählung zuwenden, die in den abendländischen Dokumenten vor der christlichen Zählung in Gebrauch war, der julianischen oder »spanischen« ERA.
Die julianische (Provinz-)Aera, meist einfach Era genannt, war nach Ansicht der Historiker vom 5. bis 15. Jahrhundert in Westeuropa in Gebrauch, und zwar zu einer Zeit, als man die AD-Jahreszählung noch nicht kannte oder erst allmählich zu verwenden begann.
Zur Prüfung der julianischen Era nahm ich mir Emil Hübners lateinisches Werk über die Inschriften des christlichen Spanien vor (erschienen in Berlin 1871), das immer noch – auch in Spanien selbst – als grundlegend und zuverlässig gilt. Da finden sich zum Beispiel drei Weihinschriften an Kirchen in der Provinz Cádiz, die Daten im 7. Jahrhundert tragen und einen Bischof Pimenius nennen, der durch Konzilsberichte aus Toledo ebenfalls bekannt ist. Diese drei steinernen Inschriften werden von allen Wissenschaftlern als unverdächtig und echt angesehen und beweisen damit, daß es das 7. Jahrhundert in Spanien gab. Die drei auf den Steinen eingemeißelten Jahreszahlen lauten 668 Era (das ist 630 unserer Zeitrechnung, AD, denn nach allgemeiner Ansicht muß man stets 38 Jahre abziehen, um von der spanischen Era auf unsere Jahreszählung zu kommen), 682 Era und 700 Era. Den Konzilsakten von Toledo zufolge hat Pimenius sein Amt als Bischof von Sidonia mindestens von 671 Era bis 684 Era innegehabt, es fällt also nur eine der drei Inschriften in den angegebenen Zeitraum.
Da mir dieser Stolperstein äußerst solide vorkam, reiste ich nach Medina Sidonia und sah mir den ältesten dieser drei Steine eingehend an. Die Inschrift auf der Marmorsäule ist bestens erhalten und gut lesbar: »Geweiht wurde diese Basilika am 16. Dezember im zweiten (Jahr) des Pimenius Era 668«. Es fehlt nur jeweils der erste oder letzte Buchstabe bei allen Zeilen, da er zu sehr am Rand stand und die Säulenkante nachträglich säuberlich abgeschlagen worden war. Leider ist gerade die Jahreszahl am äußersten Rand angebracht und zweigeteilt, nämlich ERA DC (=600) in der vorletzten Zeile und darunter alleinstehend LXVIII (=68), was nicht nur Verstümmelung sondern auch Fälschung des wichtigsten Elementes möglich machte, indem man später ein C (=100) tilgen konnte.
Diese Inschrift ist die älteste Weihinschrift einer christlichen Kirche in Spanien, worauf man in der Stadt mit berechtigtem Stolz hinweist. Aber ist sie wirklich echt?
Die Frage ergibt sich aus mehreren Gründen. Zum einen ist die Stelle, an der die Inschrift steht, wohl nicht die ursprüngliche, denn sie befindet sich in kaum 1 m Höhe an einer der vier Säulen der Basilika, aber während die anderen drei Säulen einheitlich aussehen, fällt diese vierte Säule völlig aus dem Rahmen. Außerdem würde ich eine Weihinschrift über dem Eingangsportal erwarten oder am Altar, keineswegs so, daß sie durch die Bankreihe verdeckt wird. Bei der Restaurierung der Kirche hat man also eine Säule verwendet und unglücklich eingebaut, die früher ganz woanders gestanden haben mag. Die Namen der Märtyrer, die sich im vorigen Jahrhundert ebenfalls auf der Säule befunden haben sollen, und denen die Basilika geweiht ist, sind heute nicht mehr vorhanden, ganz im Gegensatz zu der bestens leserlichen Weihinschrift. Warum hat man sie entfernt?
Der Zweifel an der Steininschrift machte sie für mich als Beweisstück unbrauchbar.
Bevor ich nun weitere Steininschriften mit frühen Era-Daten vorstelle, möchte ich erst einmal allgemein etwas zu dieser Jahreszählung sagen. Wir werden dabei merken, warum uns auch echte Inschriften nicht zum Ziel führen.
Eine der wichtigsten Amtshandlungen Julius Cäsars war die Neuordnung des Kalenders, der seitdem nach ihm benannt wird und im gesamten Römischen Reich für alle religiösen und staatlichen Belange Gültigkeit besaß. Bei einigen Randvölkern Europas, im byzantinisch-orthodoxen Bereich (Griechenland, Rußland, Westasien) und bei den Imasiren (= Berbern) Nordafrikas ist das julianische Jahr noch heute in Gebrauch. Es entspricht mit seinen genau 365 und ein viertel Tagen etwa der Länge eines Sonnenjahres, bis auf einen kleinen Fehler, der in 400 Jahren eine Verschiebung um drei Tage bewirkt: Der 1. März julianisch, den die Imasiren als Neujahr feiern, ist in unserem Gregorianischen Kalender der 14. März. Die Verschiebung beläuft sich zur Zeit auf 14 Tage (es zählt bei dieser Ausdrucksweise stets der erste und letzte Tag mit, wie wir auch sagen »heute in acht Tagen« und meinen »in einer Woche«, oder frz. une quinzaine = zwei Wochen, usw.; mathematisch ausgedrückt beträgt der übersprungene Zeitraum 13 Tage).
Mit Einführung des Julianischen Kalenders war aber keine neue Jahreszählung verbunden – leider, möchte man aus heutiger Sicht sagen. Das Einführungsjahr (für uns: 45 v.Chr.) wurde als Jahr 709 nach der Gründung Roms (ab Urbe Condita, abgekürzt UC) bezeichnet, aber diese Zählweise wurde nur literarisch verwendet, etwa seit Titus Livius. Offiziell benannte man die Jahre nach den jeweiligen beiden Konsuln oder später nach dem regierenden Kaiser, zählte zuweilen auch nach griechischen Olympiaden, außerdem nach einem Steuerrhythmus (Indiktion, ein Zyklus von 15 Jahren). Später rechnete man »nach Erschaffung der Welt« (bei Juden und frühen Christen), und im Orient, vor allem in Ägypten, nach der »Verfolgung unter Diokletian«, der sogenannten Märtyrer-Ära, deren Jahr 1 rückprojiziert auf unser Jahr 284 fällt. Die wenigen Dokumente, in denen sich zwei Ären nebeneinander finden, zeigen, daß die Zählung fast nie übereinstimmt, sondern meistens uneinheitlich war, was uns heute verwundert.
Wüßten wir nicht genau, in welchem Jahr wir leben? Zumindest auf wichtigen Dokumenten, Verträgen oder Grabsteinen möchte man eigentlich erwarten, daß die Jahreszahl korrekt sei. Wegen dieser Uneinheitlichkeit und des Abbruchs der meisten bekannten Ären hat es keinen Sinn, diese als Beweis für unser Problem anzuführen. Im christlichen Bereich ist nur die julianische Era für unser Thema von Bedeutung.

Aber auch hier ergeben sich sofort Schwierigkeiten: Die älteste echt europäische Zeitrechnung, die julianische ERA, wurde erst 500 Jahre nach ihrem Jahr 1 in Gebrauch genommen.
Das Wort Era ist wahrscheinlich Wandalisch und mit unserem Wort Jahr inhaltlich wie lautlich verwandt. Es bezeichnet einen Umlauf, weshalb auch die runde Dreschtenne in Spanien era heißt. Da diese Zeitrechnung später auch Provinz-Ära genannt wurde, nahm man einige Zeit an, sie wäre eingeführt worden, als Iberien zur römischen Provinz geworden war. Das gilt heute als unhaltbar (schon Pauly-Wissowa – 1893, I, 606 – hat »schwerste sachliche Bedenken«). Da man stets 38 Jahre abziehen muß, um das Jahr unserer christlichen Zählung zu erhalten, wird die Einführung auf das Jahr 38 v. Chr. festgelegt. Man findet jedoch keine Erklärung für diese Festlegung. Es bleibt rätselhaft, auf welches Ereignis im Jahre 38 v.Chr. sich der Beginn der Era beziehen könnte.

Seit wann die julianische Era benützt wurde, ist nicht ganz geklärt. Hübner (1871, N° 113) bringt als älteste zweifelsfreie Inschrift den Grabstein einer Frau mit 504 ERA, den ich mir im Museum in Cádiz ansehen konnte. Wenn also die frühesten Zeugnisse um 500 Era beginnen, dürfte die allgemeine historiographische Ansicht (siehe Krusch 1880) uns weiterhelfen: Im Jahre 493 Era, als König Geiserich von Nordafrika aus die Stadt Rom einnahm, ließ er die julianische Era für das gesamte Wandalenreich beiderseits des Mittelmeeres vorschreiben. Das wäre im Jahre 455 AD gewesen, und schon wenige Jahre später übernahmen auch die Westgoten diese Zählweise, die dann auf dem Konzil in Tarragona (516 AD) für ganz Iberien, Westfrankreich, Nordafrika und die Inseln im Mittelmeer auch kirchlich gültig wurde. Die Araber in Andalusien benützten sie zeitweise ebenfalls, sie nannten sie »Tarich es-Safar«, wobei Safar nichts mit dem Wort »sifr« (Ziffer = Null) wie Ideler meinte, zu tun hat, sondern auf eine ältere Form des Namens Spanien zurückgeht, wie in Sefarad, der jüdischen Bezeichnung für die Einwohner Spaniens.
Wir werden aber bald sehen, daß diese »offizielle« Darstellung nicht haltbar ist. Der wichtigste und am häufigsten durch Manuskripte belegte Schriftsteller des Mittelalters, der Gote Sankt Isidor von Sevilla (7. Jahrhundert), verwendet nur in einem seiner Bücher die Datierung nach Era, nämlich in der »Gotengeschichte«, dort sogar durchgehend als Leitfaden. In einigen anderen Schriften Isidors findet man Era-Angaben als Randbemerkungen, sie stammen offensichtlich von späterer Hand. In seiner berühmten »Naturgeschichte« (De Natura Rerum, Kap. VI, 7) erklärt Isidor, die Era beginne in dem Jahr, als Kaiser Augustus seine erste Volkszählung Roms durchführte (7 v.Chr.). Das paßt leider gar nicht zur späteren Behauptung, die Era beginne im Jahr 38 v.Chr. Es könnte nur als Hinweis zur Festlegung der sogenannten Inkarnationszählung (also unserer heutigen Zählung) gelten, die auf Christi Geburt bezogen wird, was nach moderner Ansicht ins Jahr 7 v.Chr. fällt.
Ich vermute nun, daß sich die julianische Era rückwirkend auf die Kalenderreform Cäsars bezieht, das erste Jahr also 45 v.Chr. war. Dann müßten die späteren Chronisten ab dem 13. Jahrhundert, die zwecks Umrechnung auf die Anno-Domini-Zählung 38 Jahre abzogen, einen Fehler von 7 Jahren gemacht haben.
Das ist eine Kleinigkeit, doch eine bedeutsame, die uns Einblick in die Manipulation der Zeit gewährt. Erst in der Renaissance wurde nämlich diese Korrektur des Geburtsjahres Jesu (um 7 Jahre rückwärts) diskutiert.
Das Einführungsjahr der Zeitrechnung Geiserichs lag demnach sieben Jahre später, als man heute berechnet, genau im Jahr 500 ERA. Warum man gerade mit 500 begann, ist natürlich ebenfalls ein Rätsel. Als mögliche Erklärung bietet sich an, daß eine Fünfhundertjahr-Erwartung bei den Arianern bestand, und daß derartige »runde« Jahreszahlen – später nahm man meist Tausender – zum Endzeitbewußtsein der monotheistischen Religionen gehören.

Abschnitt 4: Das magische Jahr Tausendeins

Die Erwartung des Tausendjahrreichs hat uns unsere Zeitrechnung beschert, sie hat auch den Schlüssel für die Fehler der Zählweise mitgeliefert.
Die Era könnte mit ihren schon um 500 einsetzenden Steininschriften und Manuskripten durchaus einen Beweis für die fraglichen drei Jahrhunderte liefern, wenn sie lückenlos bis zum Anschluß an die AD-Zählung durchgeführt wurde (wobei es unerheblich ist, ob der Abstand 38 oder 45 Jahre beträgt). Dieser Anschluß ist in der frühen Renaissance belegt – mit dem Abstand von 38 Jahren. Hätten Illig und Niemitz recht, daß im Mittelalter 297 Jahre eingefügt wurden, dann müßte der Abstand in zahlreichen Dokumenten (297 minus 38 = ) 259 Jahre betragen.
Dafür sehe ich nur zwei mögliche Erklärungen: Entweder machte die Era nach 652 (614 plus 38) ebenfalls einen gleichlangen Sprung, oder der von den Autoren im 15. Jahrhundert angegebene Zeitabstand zwischen ERA und AD betrug bei der Umstellung 259 Jahre, das heißt: die Renaissance-Wissenschaftler irrten sich oder sie betrogen wissentlich. Aus unzähligen Einzelheiten hat sich für mich die zweite Annahme als richtig herausgeschält.
Hier einige Beispiele (nach Deyermond, S.150): Eine Chronik, die um 1200 geschrieben sein soll, bringt folgende ERA-Daten: König Artus lieferte eine Schlacht im Jahre 580 ERA, (minus 38 = 542 AD; englische Autoren lassen diese Sagenfigur lieber ein Jahrhundert früher leben); das Todesdatum von Karl d. Gr. 886 ERA (minus 38 = 848 AD) liegt 34 Jahre zu spät. Und der ebenfalls nur sagenhafte Epos-Held García wurde in León ermordet im Jahre 1058 ERA. Ein schönes Durcheinander! Wer hat es angerichtet?
Das französische Mainet bringt Fakten des XI. Jh., die ins VIII Jh. versetzt sind, wobei Alfons VI von León durch Karl d.Gr. ersetzt wird. Geschrieben wohl im frühen 13. Jh. Hier scheint der Sprung schon vollzogen! (S.74)
Ebenso auch das Poema de Fernán González, 1250 oder wenig später verfaßt; es berichtet Ereignisse von 932 bis kurz vor 970, also um rund 280 Jahre verschoben, allerdings mit volkstümlichen Einschlüssen und unter Mißachtung historischer Fakten. (S.75)

Einen ersten Hinweis dafür fand ich schon bei den Steininschriften, die Hübner registriert hat. Da ist z.B. seine Inschrift Nr. 489: Das darin genannte Jahr Era 621 (das wäre 583 AD) kann offensichtlich nicht stimmen, sagt Hübner, denn aufgrund von schrift- und kunsthistorischen Erwägungen gehört die Inschrift ins 9. Jahrhundert (S. 117). Mit Leichtigkeit setzt sich der Kenner über drei Jahrhunderte hinweg, den Inhalt der in Stein gemeißelten Inschrift einfach mißachtend. Da ich dergleichen immer wieder erlebte und ausgerechnet im fraglichen Zeitraum des Mittelalters, erschien es mir nicht mehr seltsam, sondern »typisch«. Der paläographische oder architektonische Zusammenhang ist aussagekräftiger als ein eingemeißeltes Datum. Dieses Beispiel steht für viele gleichartige.
Wenn aber die Era-Daten gegenüber den AD-Jahren diesen »großen« Abstand anzeigen, dann wundert man sich auch nicht mehr, daß die Era-Inschriften im 11. Jahrhundert auslaufen, – die letzten tragen Jahreszahlen, die um 1065 AD liegen, – während die Umstellung auf AD-Daten in Spanien erst im 14. Jahrhundert erfolgte (in Portugal und Griechenland erst im 15. Jh.) Hat man in den drei Jahrhunderten dazwischen, d.h. im Hochmittelalter, in Spanien nicht datiert? Das ist undenkbar. Es kann sich nur um einen Sprung in der Zählweise handeln.
Einen ganz konkreten Hinweis, der sogar die genaue Zeitspanne der 259 Jahre enthält, haben wir im Ewigen Evangelium des Joachim von Fiore. Dieser Abt aus Kalabrien, der zuweilen als italienischer Nationalheiliger bezeichnet wird, lebte etwa 1130 bis 1202 und schrieb einen berühmt gewordenen Kommentar zur Offenbarung des Johannes, den der Mönch Gerhard 1254 neu herausgab. Ein Jahr später wurde das Buch von der Kirche mit dem Bann belegt und der Mönch für 18 Jahre eingekerkert. Was die Gemüter so entflammte, war vor allem jene Weissagung, die das Jahr 1260 als den Einschnitt zwischen christlicher Zeit und Satansreich anzeigte. Im Jahre des Heils 1260 sollte das erste Tausendjahrreich vollendet sein und das neue beginnen. Diese Zahl ist im Alten Testament (1. Könige 17, wo 3 Jahre und 6 Monate, das sind 1260 Tage, erwähnt werden) vorgegeben und wird in der Johannes-Offenbarung fünfmal, davon zweimal ausdrücklich, genannt. Tatsächlich erhoben sich erstmals in diesem Jahr in Italien die Geißler, die mit ihrer öffentlichen Buße das neue »Jahrtausend« einleiteten.
Aber was hat 1260 mit tausend Jahren zu tun? Die Endzeiterwartung, die ans Jahr Tausend geknüpft ist, und die damals im Volke mit besonderer Befürchtung geglaubt wurde, hat tatsächlich ihre Nahrung aus der julianischen Era bezogen: 1260 minus 259 ergibt 1001.
Das Jahr 1260 AD ist also zugleich das erste Jahr des Neuen Reiches nach der »echten« Jahreszählung. »Dann, wenn tausend Jahre vollendet sind, wird der Satan loswerden aus seinem Gefängnis«, heißt es in der Apokalypse (20, 7). Im 1001. Jahr beginnt die neue Zeit.
Dieses Zahlenspiel wurde damals verketzert. Heute können wir daraus mehrere Schlüsse ziehen:
Die Jahre der julianischen Era waren in einer Weise berechnet worden, der gegenüber die damals wohl gerade neu begonnene Anno Domini-Zählung einen Sprung über rund drei Jahrhunderte gemacht hatte. Dieser Sprung muß insgesamt 297 Jahre betragen haben, denn der rechnerische Abstand zwischen beiden Jahreszahlen macht 259 (plus 38) Jahre aus. Die Schnittstelle ist dermaßen genau gewählt, daß die Weltuntergangsmotivierung klar erkennbar wird.
Gestützt wird dieses Rechenspiel durch Geschichtskenntnis : Im Jahr 1000 AD gab es keine Bewegung in Europa, die den Weltuntergang heraufbeschwor, sondern im Gegenteil: Man erlebte gerade einen neuen Aufschwung. Im 13. Jahrhundert dagegen grassierte die Untergangssehnsucht wie eine Geisteskrankheit.
Aus der Zahlenschöpfung der Endzeitprediger (konkret: 1001 Era = 1260 AD) entstand eine bedeutsame Ungenauigkeit hinsichtlich des übersprungenen Abstandes. Er hätte 297 minus 44 Jahre sein müssen, war aber 7 Jahre kürzer (259 Jahre; die Fehlzählung von einem Jahr liegt an der heutigen Mitzählung eines Nulljahres). Die hingenommene Verschiebung ergab eine Verkürzung der (legendären) vierzigjährigen Lebensspanne Jesu: Wenn Jesus im Jahr 44 Era geboren war, dann läge sein Geburtsjahr nach dem neuen Rechenmodus (44 minus 38 = ) 7 Jahre vor dem Jahr 1 AD. Natürlich blieb man bei der Festlegung der Geburt Jesu auf 1 AD, sein Todesjahr fiel damit ins Jahr 33 (nämlich 40 minus 7), wie heute allgemein angenommen wird. Nach den Angaben über die Umstände zur Geburt Jesu, die man in die Evangelien eingefügt hatte und nicht mehr ändern konnte, mußte allerdings in der Renaissance die Geburt Jesu auf mindestens 4 v.Chr. (Tod des Herodes) angesetzt werden. Um nun die neue Lebensspanne Jesu von 33 Jahren, die in der Zwischenzeit kirchlich verankert worden war, einzubeziehen, verlegte man das Kreuzigungsjahr auf 28 oder 29 AD. Wegen der Volkszählung des Augustus, die wahrscheinlich im Jahr 7 v.Chr. stattfand, hätte man noch einmal korrigieren müssen, wofür Kepler planmäßig eine Konstellation von Jupiter und Saturn im Sternzeichen Fische errechnete und mit dem »Stern der Weisen« gleichsetzte.
Das Todesjahr Jesu, das eigentlich völlig im dunkeln lag, wurde mit Hilfe der neuen Jahreszahlen in der rekonstruierten römischen Geschichte verankert: 325 minus 297 = 28. Ein gewisser Vitorinus (Victorin von Aquitanien) habe angeblich im Jahr 500 ERA dieses Rechenergebnis ermittelt. Möglichwerweise verbirgt sich dahinter der Humanist Petrus Vittori aus Florenz (1499-1584).
Die Fehlerquelle von 7 Jahren stiftete während der Neuschreibung der mittelalterlichen Geschichte an verschiedenen Stellen Verwirrung, über die keine Einigung mehr erzielt werden konnte. Man ließ bei besonders wichtigen Daten einfach beide nebeneinander stehen, etwa beim Konzil von Nizäa, das nach der neuen Rechnung – 325 Jahre nach Christi Geburt – nun auf das Jahr 318 AD fiel. Man nannte dieses kirchliche Zusammentreffen die »Große Synode«, ließ fast gleiche Streitgespräche und Urteile stehen und führte die beiden Ereignisse nacheinander.

Abschnitt 5: So wird eine Epoche geschaffen

Steininschriften und Münzen machen einen verläßlicheren Eindruck, obgleich sie auch hin und wieder gefälscht wurden. Da die Münzen des christlichen Spanien vor dem 13. Jahrhundert fast nie Jahreszahlen tragen (gebräuchlich erst ab dem 16. Jahrhundert), fallen sie für unsere Untersuchung aus. Aber die zahlreichen Inschriften an Kirchen und Burgen, auf Grabsteinen zumal, können – so nimmt man an – natürlich nicht alle gefälscht sein. Sie laufen vom 6. Jahrhundert mit geringen Lücken durchgehend bis ins 11. Jahrhundert. Die letzte Inschrift (bei Hübner) stammt von Era 1103, das entspräche nach meiner neuen Umrechnungsformel (+ 259) dem Jahr 1362 AD. Nur 21 Jahre später wurde in Kastilien von Era auf AD umgestellt. Wenn wir spätere Inschriften finden, müßten diese dünn gesät sein.
Portugal gilt als letztes Land, das die Umstellung offiziell durchführte, nämlich 1422, was Era 1163 entsprechen würde. Mithin müßten, wenn diese These stimmt, Era-Inschriften mit Zahlen, die höher als 1163 sind, fehlen oder äußerst selten sein. Der tatsächliche Befund spricht dafür. Und das hat noch niemanden gewundert? Haben die so weltoffenen und durchaus schreibkundigen Portugiesen zwischen 1163 und 1422 versäumt, ihre Baudenkmäler oder Grabsteine mit Daten zu versehen?

Man müßte also diese Inschriften mit Era-Jahreszahlen einer strengen Kritik unterwerfen. Der eingangs schon erwähnte Berliner Professor Emil Hübner (1834-1901 hatte in seiner mehr als vierzigjährigen Tätigkeit und auf vier längeren Reisen in Spanien ein gewichtiges Werk über die Inschriften des christlichen Spanien verfaßt, das – in reinem Gelehrtenlatein geschrieben – vor Wissen und emsigem Fleiß nur so strotzt. Es wurde seinerzeit hochgeachtet und ist bis heute grundlegend geblieben. Kaum jemand traut sich, die eine oder andere Stelle zu kritisieren. Was ich nun vorbringen werde, stellt den Wert des Werkes in Zweifel, und das vieler Vorläufer und Nachfolger dazu. Leider bleibt mir keine Wahl.
Wie ich schon zu Anfang sagte, habe ich mir die älteste Kirchweih-Inschrift Spaniens sehr genau angesehen und Zweifel an ihrer Echtheit ausgesprochen. Bischof Pimenius von Sidonia (Provinz Cádiz) wird durch fünf solcher Marmor-Inschriften und mehrere Texte der Konzilien von Toledo zur geschichtlich beglaubigten Person. Leider weichen diese Inschriften (bei Hübner Nr. 80, 85, 88 und 89 sowie 111), auf denen Pimenius als »pontifex« (das kann Bischof oder Papst heißen) oder »antistite« (= Vorsteher, also ebenfalls Bischof) eine »basilica« (Tempel) weiht, hinsichtlich des Pontifikatjahrs leicht von einander ab. Sie sind übrigens alle in derselben Werkstatt hergestellt. Das ist nicht verwunderlich, denn diese Kirchen liegen im Umkreis von 50 km, aber ein kleines Buchstabenkürzel (ID für »ilustrium« = berühmt) verrät Unkenntnis der sonstigen Schreibgewohnheiten des 7. Jahrhunderts. Es steht jeweils im ersten Teil des Textes, in dem die Märtyrer aufgezählt werden, deren Reliquien der Kirche bei ihrer Gründung übergeben wurden. Die Namen dieser Märtyrer lassen jedoch einem modernen Theologen die Haare zu Berge steigen: außer Johannes dem Täufer tauchen Cosimus und Damian und ähnliche Heilige auf, die erst in der Renaissance und im Barock zu Ehren gelangten. In der frühen Westgotenzeit kannte man sie noch nicht. Man wird die Unmöglichkeit derartiger Behauptungen aber schon vor Mitte des vorigen Jahrhunderts gemerkt haben, denn seit der Zeit, als Hübner sich mit diesen Inschriften beschäftigte, fehlt der obere Teil der Inschrift mit den verräterischen Namen und dem ungewohnten Kürzel, wogegen der untere Teil mit der Widmung und dem Namen des Pimenius in prächtig guter Lesung erhalten ist.
Auch die Inschrift Nr. 90 aus Jerez stammt aus derselben Werkstatt, hier ist gerade der unmögliche Märtyrertext erhalten, während die Weihung inzwischen fehlt. In beiden Fällen ist der Widerspruch zwischen den beiden Inschriftteilen geschickt beseitigt.
Hübner ist zwar aufgefallen, daß Pimenius kein gängiger Name ist; er führt ihn auf griechisch Poimynos zurück, meldet aber doch keinen Zweifel an, was er sonst wortreich tut, wenn die Sachlage offensichtlich ist. Er hat nämlich eine große Zahl von Inschriften und Grabsteinen (!), insgesamt 104 Steindenkmäler, als gefälscht entlarvt, darunter berühmte Königs- und Heiligengräber. Manche dieser Epitaphe sind aber auch zu drollig, die Fälscher bewiesen Humor!
Da gibt es Texte in heidnisch-klassischem Latein mit Jahreszahl im 6. Jahrhundert oder die Weihinschrift über dem Portal der Kirche Santa Marina in Lissabon mit der Zahl Era 412, die aber ganz neu aussieht; wir wissen ja, daß es vor 500 ERA keine solche Inschrift geben kann. Oder (Nr. 7) den Grabstein mit den Worten »Hier ruht Ruderich, letzter König der Goten«. Wer sich vom Lachen erholt hat, darf weiterlesen: Bei Ciudad Rodrigo am westlichsten Rand von Kastilien lagen in einer Kirche die Bruchstücke eines Grabsteins (Nr. 11), auf dem man noch »Kaiser und König Karl Martell, Ehre Galliens« und die Jahreszahl »Anno 723« (ohne Era!) lesen kann. Dieser Karl, der angeblich 732 die Sarazenen bei Tours oder Poitiers schlug, war kein Kaiser und starb offiziell erst 741 in Frankreich. Martell heißt »der Hammer«, aber jetzt kommt noch einer: In den Fundamenten des Klosters der Barfüßerinnen in Carmona (Sevilla) lag ein Stein (Nr. 22) mit einer Inschrift in zwei Jahreszählungen, nämlich Era und Hedschra. Endlich ist das »missing link« gefunden, möchte man frohlocken, eine korrekte Gleichsetzung der beiden ungestörten Zeitrechnungen. Da wird der 5. Januar 811 Era dem Dienstag des Jahres 156 der Hedschra (»ecira«) gleichgesetzt. Ich rechne mit dem von meinem Sohn Alexander geschaffenen Programm für die Era-Tage nach und stelle fest: Jener 5. Januar 811 war ein Dienstag, und wenn auch Tag und Monat des islamischen Datums nicht genannt werden, so ist doch ein Teil des Jahres 156 Hedschra mit Era 811 gleich. Aber Hübner, der ohnehin nicht sehr kritisch an die sakralen Dokumente herangeht, sagt hier, daß der Stein mehrfach in der Literatur beschrieben wurde und doch offensichtlich gefälscht ist. Das darf man ihm unbesehen abnehmen.
An diesem auffälligen Beispiel wird eine Technik der Fälscher deutlich: Man rechnete nur soweit um, wie man es verantworten konnte, ohne Fehler zu produzieren. Hätte dieser Stein auch noch Tag und Monat des Hedschra-Jahres getragen (was eigentlich unerläßlich ist, denn es gibt 50 Dienstage in jedem Hedschra-Jahr), wäre ein immenser Aufwand an Rechnerei nötig gewesen, der vor dem 17. Jahrhundert nicht zu bewältigen war.
In Carmona befinden sich noch weitere Steine, die so offensichtlich gefälscht sind, daß man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll. Da werden theologische Spitzfindigkeiten wie die Dogmatisierung des Heiligen Geistes oder gefälschte Chroniken durch Inschriften gerechtfertigt. Sogar die Christenverfolgungen unter Nero und Diokletian werden mehrfach auf Märtyrersteinen »bezeugt«. Diese hatte Hübner schon anläßlich seiner ersten Reise ohne Zögern »sämtliche als mittelalterliche Fälschungen, in durchaus echt wirkendem Latein« erkannt (1869, zitiert nach Kaufmann, S.312).
Die meisten Steininschriften wurden in Kirchen und Klöstern gefunden, einige in Stadtmauern oder Herrenhäusern. In der Kirche in Santiago de Compostela in Galicien steht sogar ein Stein mit der »Aera«-Zahl 840 in arabischen Ziffern, die dort erst zwei Jahrhunderte später auftraten. Und auf dem Grabstein von Alfons V steht, daß er Al-Mansor (den Almoraviden) im Era-Jahr 1065 besiegte und an einer Pfeilwunde starb...
Aber wie gesagt – alle diese zuletzt genannten Steine erklärt auch Hübner, meist gegen die ihm vorliegenden Meinungen seiner Kollegen und Vorgänger, als Fälschungen, insgesamt 104 Steine.
Bei den übrigen zweihundert merkt er hin und wieder einige ungewöhnliche Fehler, wagt es aber kaum, den Verdacht auf Fälschung auszusprechen. Zur Rechtfertigung muß er zuweilen ganz haarsträubende Umwege finden. Wäre er nämlich seinen Zweifeln nachgegangen, wäre ihm kaum ein Stein übrig geblieben. Nun hätte ja der Nachweis, daß alle diese in der Literatur sorgsam gehüteten Inschriften – der Stolz von Kirchen und Museen – Fälschungen aus der Zeit der katholischen Eroberung und der Inquisition sind, einem Wissenschaftler ebenfalls Ehre gemacht. Aber vermutlich hätte er mit seiner Meinung allein dagestanden, gegen den ganzen akademischen Berufsadel, und wäre irgendwo unbeachtet verhungert, statt als angesehener Gelehrter sein Leben als Freund von Mommsen und Saavedra zu beenden. Jedenfalls kann ich mir nicht denken, daß einem so klugen Mann der Sachverhalt nicht im Laufe der 40 Forschungsjahre aufgegangen sein sollte.
Da gibt es nämlich – wie bei den Pergament-Diplomen – auch bei den Steinen das Phänomen der offen gelassenen Datumszeile! Man möchte es nicht glauben, kann es aber in Marmor gehauen betrachten: Der Text des Grabsteines klingt zunächst unverdächtig, bis es ans Datum geht – das fehlt einfach. Die Stelle ist zwecks späterer Ausfüllung freigelassen. Auch für Kirchweihinschriften ist das nachweisbar! Da wird dem Heiligen Stefan eine Kirche in Iliberri (Elvira) bei Granada geweiht, wobei neben dem Era-Jahr 615 der Tag und das Jahr der Regierungszeit von König Wittirich stehen sollten, aber die Stelle ist leer, weil man sich noch nicht einig war, welches Datum zu dem (imaginären?) Gotenkönig passen könnte. Auf demselben Stein sind gleich noch zwei weitere Kirchweihen verzeichnet, diesmal für das Jahr 632 Era. Dieser Marmorblock mit der unmöglichen dreifachen Weihinschrift befindet sich in der Mauer der Kirche Santa Maria auf der Alhambra, die zwischenzeitlich einige Jahrhunderte in maurischer Hand gewesen war. Man muß also annehmen, daß hier nach der »Wieder«-Eroberung ein Gedenkstein angebracht wurde, der nachträglich irgendwelche katholischen Kirchen des 6. Jahrhunderts in Granada postuliert. Müßte nicht auch Hübner das gemerkt haben?
Übrigens sind die Jahreszahlen der rund hundert datierten Steine stets in einer Weise angebracht, daß sie über den Rand hinauslaufen, oft zweigeteilt, so daß sie mindestens an zwei Stellen nachträglich verändert werden konnten. Die Jahreszahlen sind außerdem in seltsam verschleiernder Manier geschrieben – im Gegensatz zum übrigen Text – damit keine eindeutige Lesung möglich ist. Einige Zahlen erkennt auch ein Laie als nachträgliche Eintragung von anderer Hand (z.B. Nr. 84), in einem Falle ist die Leerstelle sogar durch sinnlose Buchstaben ausgefüllt worden (Nr.172). Als unecht fällt oft auch das ornamental verwendete Kreuz auf den Grabsteinen auf. Auch dieses Zeichen hat nämlich seine Stilgeschichte.
Ich habe nur die auffälligsten Beispiele erwähnt, immerhin aus der Zahl jener Steine, die als echt gelten.
Eine genaue Untersuchung sämtlicher erhaltener Inschriften des mittelalterlichen christlichen Spaniens zeigt, daß keine als echt gelten kann. Ein wahrhaft niederschmetternder Befund!


Abschnitt 6: Die Entlarvung der spanischen ERA

Bei meiner eifrigen Suche nach echten Inschriften war mir aufgefallen, daß nur dieser Pimenius fünfmal auf Steinen verewigt ist, sonst hat kein Bischof mehr als einen Stein als Nachweis. Und was ebenfalls seltsam anmutet: Diese Nennungen von Bischöfen sind auf wenige Bistümer beschränkt und fallen nur in die Jahre 589 bis 662 AD, als habe es nur 73 Jahre lang katholische Aktivität dort gegeben. Die Konzilsberichte behaupten aber eine bis heute durchgehende katholische Kirchentätigkeit ab dem Jahr 300. Diese Texte dürften also allesamt nachträglich geschrieben sein. Um sie zu beglaubigen, schuf man die Grabsteine und Kircheninschriften.
Sicher war die den Steinmetzen befohlene Aktion flächendeckend und zeitfüllend geplant, dann aber doch recht ärmlich ausgefallen. Angst vor Aufdeckung brauchte man nicht zu haben. Wenn alle Schriftstücke einer gewissen (erfundenen) Epoche, also der katholischen Goten des 6. bis 8. Jahrhunderts, in derselben Manier abgefaßt und gestaltet sind, und wenn es keine gegenteiligen Beweisstücke gibt, dann muß man einfach jedes Dokument dieser Zeit als echt ansehen. Der Einwand, daß man ja nicht gut alle andersartigen Zeugnisse vernichten konnte, ist überflüssig. Es gab keine anderen christlichen Inschriften der Goten jener Zeit, weil sie Arianer oder Moslems waren.
Denn das war ja gerade das Ziel der spanischen Fälschungsaktion: Eine christliche Vorgeschichte zu schaffen, die das Recht gab, diese Gebiete Iberiens »zurückzuerobern«. Soviel hatte schon der Katalane Olagüe (1969) herausgearbeitet, und es wird heute zunehmend bekannter. Antonio Gala hat es sogar in seinen amüsanten Roman »Die Handschrift von Granada« eingebaut.
In Sachen Zeitrechnung hatte man sich allerdings recht gut abgesichert. Die höchsten Era-Jahre im ehemals arabischen Spanien und Portugal fielen ins 7. Jahrhundert, widersprechen also nicht der behaupteten Eroberung durch die Moslems 711. Nur einmal wird DCCC (800) in einem Katalog auf einem Stein in Córdoba erwähnt. Aber Hübner sah die letztgenannte Inschrift nur noch ohne die offensichtlich falsche Jahreszahl; man hatte sie rechtzeitig entfernt. Derartige Korrekturen werden noch heute praktiziert, wie ich in spanischen Museen durch Vergleiche von Inschriftsteinen mit älteren Katalogen feststellen konnte: Namen und Daten, die unter modernen Gesichtspunkten sofort als Fälschung erkennbar wären, werden mit Hammer und Meißel abgeschlagen.
Auf einigen Steinen in Katalonien gibt es Jahreszahlen in Era und Anno Domini, die vielleicht einen direkten Anschluß der beiden Ären ermöglichen könnten. Leider sind sie allesamt gefälscht, wie die kritischen Untersuchungen von Hübner und dessen Nachfolgern (siehe unten) ergaben. Sie müssen die Jahreszahlen anders lesen, damit sie für die theologische Geschichtsauffassung stimmen; der erwähnte »König Karl nach König Otto dem Göttlichen« paßt aber auch dann nirgends ins Bild. Für die mehrhundertjährige Gotenherrschaft in Katalonien sind das übrigens allzu wenig Grabsteine mit Inschriften.
In den zwanziger Jahren hatte Diehl in Leipzig das Werk Hübners fortgesetzt und auf den ganzen mittelmeerischen Westen ausgedehnt. Natürlich übernahm er Hübners Urteil hinsichtlich der Echtheit der Inschriften fast unbesehen. Ab 1924 war ein Friedhof bei Tarragona ausgegraben worden, der neue Erkenntnisse über die spätrömische und frühchristliche Zeit brachte. Nach dem Bürgerkrieg machte sich José Vives daran, einen neuen Inschriften-Katalog zu erstellen, der die Arbeit von Hübner und Diehl weiterführte und an einigen Stellen auch kritisierte (zuletzt 1969). Damit haben Spanier die Sichtung ihrer Schätze selbst übernommen und es weht ein frischer Wind in der Inschriftenforschung. Nicht nur, daß jetzt in einer lebenden Sprache geschrieben wird, Spanisch statt Latein, sondern es werden auch Zöpfe abgeschnitten, die ein Jahrhundert lang die Forschung hemmten.
Im Museum von Oviedo in Asturien sah ich einige Grabsteine mit sehr alten ERA-Daten, die vielleicht zu einer anderen Zeitrechnung gehören, wie Hübner, Mommsen u.a. glaubten. Vives belegt mit guten Argumenten, daß sie mit der allgemeinen »spanischen« Era identisch sind. Damit gewinnen wir sehr frühe Zeugen für jene Zeitrechnung! Die Inschriften beginnen mit COS 316 (COS für Consules, die bei den Römern übliche Art, durch die Namen der Konsuln den Zeitpunkt zu nennen), und reichen über CONS 400 bis AERA 474. Alles in allem ist es jedoch eine magere Ausbeute, noch dazu in einem Gebiet, das, wie er selbst sagt, fast unzugänglich zwischen den Bergen liegt, um Cangas de Onís, der späteren Wiege der Wiedereroberung. Dieser kleine kantabrische Stamm habe also zu rein privaten Zwecken – nämlich nur auf den wenigen Grabsteinen, nie offiziell – die Era-Datierung in Gang gesetzt, die dann ein Jahrtausend lang im ganzen Westen Spaniens in Gebrauch blieb. Wenn aber ausgerechnet in dem Schlupfwinkel, aus dem die »Reconquista« hervorkam, die handvoll Grabsteine gefunden wurden, die einen um fast zwei Jahrhunderte früheren Einsatz der Era rechtfertigen sollen, dann schwant mir schon wieder Unheil. Obgleich mir diese Steine im Museum von Oviedo einen sehr viel echteren Eindruck machen als die andalusischen, halte ich sie doch für zu vereinzelt, isoliert und zeitlich deplaziert, als daß sie beweiskräftig wären.
Zum Glück wurde die besagte Nekropole von Tarragona mit Hunderten von beschrifteten Grabsteinen ausgegraben und gut dokumentiert. Keiner der Steine trägt ein Era-Datum. Nur fünf der im Katalog aufgeführten 57 Steininschriften sind durch namentliche Angabe der Konsuln datierbar; sie stammen aus westgotischer Zeit, wie wohl die meisten Steine dieser Nekropole, die vielleicht im 6. Jahrhundert verlassen oder zerstört wurde.
Vives stellt in diesem Zusammenhang noch mehr fest: Die Era-Datierung ist in Ostspanien, also in der Provinz Tarraconensis, in Saragossa und Katalonien, nie verwendet worden, nicht einmal auf Pergamenten, sondern nur die Consular-Datierung; auch Juan de Biclara (567-90) sowie alle Konzilsberichte haben nur eine Datierung nach Kaisern und Königen. Im Westen Spaniens dagegen findet man die Era sowohl auf Inschriften als auch bei den Schriftstellern wie Idacius und Isidor. Das gibt zu denken!
In seinem Katalog verzeichnet Vives noch fast 200 Inschriften mehr als Hübner, 160 mehr als Diehl, alle natürlich vor 711 (!), und spart nicht mit kritischen Worten über die vielen Fehler, Mißlesungen wie Rechenfehler, die Hübner beging. Er merkt auch bei jedem Stein an, wenn Schreibweise oder Inhalt des Textes zu sehr von der Norm abweichen. Nie jedoch kommt er auf die Idee, daß er es mit einem gefälschten Stein zu tun haben könne, nicht einmal bei dem schon erwähnten offensichtlichen Erinnerungsstein auf der Alhambra, der drei Kirchweihen zugleich dokumentieren soll. Auch Vives möchte seinen eigenen Forschungsgegenstand nicht in die Grube versenken. Er hilft mit haarscharfen Überlegungen nach, wenn das Datum einer Weihinschrift nicht auf Sonntag fällt, wie es sein müßte, indem er das oft »kabbalistisch« verschlüsselte Datum – eine Eigenart jener Zeit, wie er glaubt – so günstig liest, daß es (außer in einem Fall) doch auf Sonntag fällt. Aber dieses Problem hatten die Fälscher wohl schon selbst entdeckt, weshalb sie in einem Konzilstext (des II. von Saragossa, 691) eine Beschwerde gegen angebliche Kirchweihen an Wochentagen einfügten. Gewiß erkennt Vives, daß das von Hübner (und ebenso von Diehl und Delehaye) ins 6. – 7. Jahrhundert datierte elfenbeinerne Kruzifix (!) ins 9. bis 12. Jahrhundert gehören muß, aber eher auf Grund der beiden Heiligennamen, die damit in den Kult eingeschleust werden sollten, – was mißlang – als aus den hier offenkundigen kunsthistorischen Erwägungen.
Wegen der Schriftart hatte ja Hübner schon selbst Steine mit Jahreszahlen des 7. Jahrhunderts ins 10. befördert, ohne die nötige Schlußfolgerung daraus zu ziehen. Die Wissenschaftler-Blindheit, die Vives seinem Vorgänger vorwirft, trifft ihn selbst aber stärker, weil er mit weitaus besserem Rüstzeug und umfassenderer Kenntnis noch immer im dunkeln tappt.
Eine besonders ulkige Weihinschrift einer Basilika mit langem Text (Nr. 307 bei Vives) soll den Abschluß bilden. Da wird die Übergabe von Reliquien dokumentiert, während des 11. Regierungsjahres von Chindaswint und 4. von Receswint (»also« 653, die beiden Könige regierten aber nicht gemeinsam), im 15. Jahr des Pontifex Bischof Justus, – hier wird wohl ein spanisches Pontifikat vorbereitet – und diese Reliquien bestanden nicht nur aus dem Blut des Herrn und einem Stück Holz vom Wahren Kreuz Christi (dessen Verehrung erst mit den Kreuzzügen aufkam), sondern auch aus Gebeinen recht vieler Märtyrer, darunter der »Sieben Schläfer von Ephesus«.
Wenn die Echtheit der Chroniken ohnehin zweifelhaft ist und zahlreiche Steininschriften als Fälschungen entlarvt werden können, dann bleibt von der Era wenig übrig. Sie ist ein Kunstprodukt der Kirche zur Stützung ihrer Machtansprüche in Spanien. Weil sie aber offensichtlich zu einem Zeitpunkt in Gang gesetzt wurde, als man die Anno-Domini-Jahre noch nicht allgemein benützte, verrät der zwischen den beiden Zählweisen festgelegte Abstand den künstlichen Einschub von drei Jahrhunderten.

Mit bewundernswertem Fleiß und großer Kenntnis hat August Strobel (1977) noch einmal alle erreichbaren Hinweise auf das genaue Todesdatum Jesu zusammengestellt und dadurch herausgefunden, daß es praktisch sicher am 7. April des Jahres 30 erfolgt sein muß. An seiner Auswertung der Literatur spürt man so recht, wieviele Menschen sich die Mühe machten, dieses wichtigste Datum der Christenheit zu bestimmen. Der Aufwand an Gelehrsamkeit und Zeit, der insgesamt investiert wurde, läßt einen Kritiker erblassen. Alle Forscher nahmen nämlich ohne zu fragen an, daß die Jahre von Cäsar (oder sogar vor ihm) bis zu uns ohne Unterbrechung durchgezählt worden seien, so daß astronomische und kalendarische Berechnungen ein schlüssiges Datum für Jesus ergeben müßten.
Doch durchgezählte Jahre sind nirgendwo belegbar. Man kann höchstens von einer angenommenen antiken Jahreszählung, etwa den Olympiaden, auf eine spätere, etwa die Märtyrer-Ära, übergehen und von dieser dann auf unsere heutige Anno-Domini-Zählung. An beiden Übergängen sind aber Fehler im Größenbereich von vielen Jahrhunderten möglich. Die älteste durchgehende Jahreszählung dürfte die islamische sein (Hedschra oder Hegira genannt, abgekürzt H.), die heute das Jahr 1420 verzeichnet und vielleicht ab 100 H., spätestens aber ab 300 H. belegbar ist. Da die islamischen Jahre 11 Tage kürzer als die christlichen sind, kommen wir mit dieser Zählung maximal etwa 1375 Jahre zurück.
Erst ab dem 14. Jh. AD haben wir eine relativ vertrauenswürdige Gleichsetzung der beiden Zählweisen.
Wie man leicht ersehen kann, hat diese Behauptung den Nachteil, daß alle rückberechneten astronomischen Aussagen (Finsternisse, Kometen, Sternaufgänge oder Präzession) für den Zeitraum vor 1300 wertlos sind.
Wenn auch Strobels Arbeit damit illusorisch wird, möchte ich ihn doch hier kurz vorstellen, denn an seinen gewundenen Schlußfolgerungen wird der Arbeitsvorgang der Textefälschung weiterhin sichtbar.
(S. 103): Aus dem Lukas-Evangelium geht hervor, daß Jesus im 15. Jahr des Kaisers Tiberius getauft wurde (28/29) und im selben oder spätestens im 16. Jahr (29/30) gekreuzigt wurde. Er konnte also höchstens ein Jahr wirken. »Dieser Standpunkt ist von einem vordergründigen Verstehen der Evangelien her eingenommen. Schon für die Gnostiker war er anziehend,« will sagen: die ältesten Texte bezeugen dies. Die byzantinischen »Kirchenväter«, die ja durchweg von den Scholastikern und Humanisten der lateinischen Kirche erst geschrieben wurden, nehmen lieber eine 2-3 jährige Wirkzeit Jesu an. In der Zeit, als die Evangelienharmonie des »Tatian« verfaßt wurde, war die Diskussion voll im Gange. Man bringt zunächst ein Jahr (in der niederländischen, toskanischen und persischen Fassung), weitet dann auf anderthalb bis zwei Jahre aus (altenglisch) und erhält schließlich 2-3 Jahre (altdeutsch und arabisch). Eine weitere Ausdehnung auf vier oder gar fünf Jahre wurde aber wieder abgeblasen. Nicht einmal alle großen Kirchenväter haben die lange Wirkzeit, bei Augustin mußte sie erst in seine frühen Schriften eingebaut werden; die späteren Schriften hatten wohl zwecks Archaisierung ein Jahr gebracht. Bei einigen Theologen wurden beide Standpunkte nebeneinander aufgeführt (Prosper von Aquitanien, »5. Jh.«). Daß hauptsächlich eschatologische Gedanken zur Ausweitung führten, hat Strobel klar erkannt (ab S. 100, bes. 109). Das zeigt den frühesten Zeitpunkt für den Änderungsvorgang an, um 1250. Damit nun Tiberius gerettet wird, muß auf das probate Mittel der »Mitregentschaft« oder »Provinzialherrschaft« (15.= 19. Regierungsjahr) zurückgegriffen werden.
Natürlich wurden auch die ketzerischen Gnostiker durch Klemens von Alexandrien zur Datumsbestimmung des Todes Jesu herangezogen, obgleich sie weder Interesse an dergleichen Überlegungen haben konnten noch überhaupt anderweitig nachweisbar sind. Aber dieser Hinweis auf (geringfügig) abweichende Daten wird eben als »Beweis« für die Ernsthaftigkeit dieses Diskussionsgegenstandes angeführt. Die Geschichtlichkeit Jesu wird erst dann real, wenn die Gegner sie ebenfalls akzeptieren.
Strobel bemüht auch die jüdischen Kalendersysteme bis hin zu Maimonides (1135-1204), aber gerade an diesem Phänomen wird am besten deutlich, daß die Tempelzerstörung und Zerstreuung der Moses-Anhänger noch nicht lange vor 1000 stattgefunden haben kann. Ihre Schriften werden in Europa erst ab diesem Zeitpunkt wirksam.
Des weiteren erwähnt Strobel auch die armenische Version des Euseb, die die Olympiadenrechnung bringt: Jesu Tod liegt im Jahr 4 der 203. Olympiade (korrekt wäre Ol. 202.4). Aber die Bestimmung des Zeitpunktes nach diesem System macht gar keinen Sinn. Sie erfolgt nur über einen Umweg, der noch auffälliger ist: Ein gewisser Phlegon, »berühmter antiker Astronom« des 2. Jahrhundert n. Chr., der sicher erfunden ist, nennt zu diesem Zeitpunkt eine große Sonnenfinsternis mit Erdbeben usw., was genau zu den im Lukas-Evangelium bei Jesu Tod behaupteten Vorgängen paßt. Über diese Sonnenfinsternis, die rückerrechnet ins gewünschte Jahr 30 fällt, wenn auch nicht in die Osterzeit, sondern ein halbes Jahr später, ist Jesu Tod nun endlich chronologisch »gesichert«. Eine ebenfalls in der Renaissance rückerrechnete Mondfinsternis für Passah des Jahres 33 wird von denjenigen Theologen benützt, die die längere Wirkzeit Jesu bevorzugen. Da steht ein Laie kopfschüttelnd davor. Haben Strobel und die vielen Vorgänger diesen offensichtlichen Zirkelschluß nicht bemerkt?
Vermutlich wird es einigen Theologen, die ja hundertfach besseren Einblick in die ganze Materie haben, jetzt wie Schuppen von den Augen fallen. Viele Verrenkungen, die nötig waren, um die Echtheit des fast 2000-jährigen Abstands von Jesus bis heute aufrecht zu erhalten, werden nun durchsichtig. Viele werden aber die Nase rümpfen über soviel Unkenntnis und sich wieder ihrem Lieblingsthema zuwenden, der Bestimmung, ob der 7. April 30 oder der 3. April 33 das Todesdatum ihres Jesus war.
Etwa so: In den »um 300 bis 400« geschriebenen Talmud-Texten der orientalischen Juden wird das Weltende auf 4200 oder 4250 Jahre nach Erschaffung der Welt gelegt, »weil« (so Strobel S. 448) 84 Jahre (das ist ein Sonne-Mondzyklus) mal 50 Jubeljahre 4200 ergibt. Da die Weltschöpfung in Auswertung des Alten Testamentes durch christliche Autoren auf 3000 vor Christus gelegt wurde, damit dieser in der Mitte der alttestamentlichen 6000 Weltjahre liegt, kommt die Welt also um 1200 oder 1250 AD zu ihrem verdienten Ende. Wir kennen dieses Datum ja, es ist der erste wirkliche Zeitraum, zu dem man im Abendland glaubte, daß das Jüngste Gericht nahe sei. Die talmudischen Schriften dürften dann nur wenig eher geschrieben sein. Das ergibt zwar keinen Beweis für mein Argument, nur einen Hinweis, zeigt aber, wie unsinnig alle diese Spekulationen um die Datierung Jesu sind, wenn man sie als historisch relevante Überlegungen nimmt. Sie können nur einen zahlenmystischen Sinn haben.
Die zahlreichen Abweichungen der Olympiaden-Ära, Weltschöpfungs-Ära usw., selbst innerhalb eines Textes, verraten, daß diese Zeitzählung im Augenblick der Abfassung des Textes nicht in Gebrauch war, sonst müßte diese Ära einen einheitlichen Beginn haben. Die unterschiedliche »Epoche« (Ära-Beginn) zeigt immer an, daß die einzelnen Angaben aus verschiedenen anderen Texten übernommen und vom Autor nicht umgerechnet wurden. Oder daß sie frei erfunden sind, was viel näher liegt und häufig zutrifft.
Um ein Beispiel zu bringen, werte ich die sehr ordentliche Untersuchung von Heidrich über Die olympischen Doppeldatierungen (1981) aus. Vor 500 v.Chr. ist kein Datum dieser Art verläßlich, danach sind es nur wenige. Das liegt vor allem an unserer Kenntnis, die wir von dieser Datierungsweise haben: Praktisch alle Angaben befinden sich bei Julius Africanus, Klemens von Alexandria und Euseb, bei anderen Autoren finden wir fast keine. Klemens beginnt seine Olympiadenära, die er einem Aristodemos von Elis und dem Polybios zuschreibt, in der 28. Olympiade (man schreibt das 28 Ol), das macht für die erste Olympiade 884 v.Chr. Julius Africanus beginnt mit der 14. Ol und nennt Kallimachos als Urheber, was uns für deren Anfang ins Jahr 828 v.Chr. bringt; offiziell liegt der Anfang bei heutigen Schriftstellern im Jahr 776 v.Chr. In diesem schönen Durcheinander mußten wieder einmal Leerstellen gefüllt werden mit Personen, die nie gelebt hatten. Man mußte Olympioniken gewinnen lassen, Königslisten verlängern usw.
Euseb mußte Herodot korrigieren und selbst den alten Cicero, der für Pythagoras ein um 140 Jahre späteres Datum angab. Da gibt es auch geschickte Angleichungen, wo die kirchlichen Daten der hebräischen Könige, die ab 997 v.Chr. regieren, sich den jetzigen Daten, die jene Könige erst ab 926 ansetzen, also einen Unterschied von 71 Jahren aufweisen, schrittweise einander nähern, bis sie pünktlich zur Babylonischen Gefangenschaft, einer Art unumstößlichem Fixpunkt, mit nur knapp 5 Jahren Abstand (bei Euseb sogar nur 2 Jahren) zusammentreffen. Ein gelungenes Spiel im olympischen Zeitroulette.

Abschnitt 7: Der geniale Regiomontanus

Er wurde das Wunderkind der Renaissance genannt, der Müllerssohn Johannes aus dem fränkischen Ort Königsberg, nach dem er sich der Sitte gemäß Regiomontanus, Königsberger, nannte. Am 6. Juni 1436 geboren, hatte er schon als Kind eigene Sternbeobachtungen durchgeführt und mit zwölf Jahren seine ersten Sterntafeln angelegt, für die er große Bewunderung erntete. Seine Planeten- und Sternkalender, die er in späteren Jahren herausgab, wurden zum wichtigsten Handwerkszeug der »Weltentdecker« Vasco da Gama, Christoph Kolumbus und ihrer Nachfolger. Schon mit 40 Jahren, am 6. Juli 1476, starb Regiomontanus in Rom – ein »unersetzlicher Verlust« für die damaligen Zeitgenossen.
Hier möchte ich nicht das bewegte Leben dieses genialen Mannes aus dem einfachen Volk nachzeichnen, auch nicht die unermeßliche Bedeutung seines Wirkens für die europäische Kultur und Wissenschaft hervorheben, sondern mich auf jenen Punkt beschränken, der unser Thema betrifft: die Zeitrechnung.
Als Gerhard von Cremona im 12. Jahrhundert in Spanien zusammen mit den dortigen Juden die arabischen Texte der griechischen Klassiker ins Lateinische übersetzte, nahm das Abendland nur wenig Kenntnis davon. Bedeutender war der Verlust von Konstantinopel 1453 und die damit verbundene Flucht vieler byzantinischer Gelehrter nach Italien, durch die erst die Renaissance im eigentlichen Sinne ausgelöst wurde. Sie hatten Bücher und Handschriften mitgebracht und lehrten Griechisch zum Verständnis dieser Texte.
Johannes Müller Regiomontanus begleitete im Jahre 1461 auf Wunsch seines Wiener Lehrers Peuerbach, der kurz vor Antritt der Reise starb, den päpstlichen Gesandten, den Griechen Bessarion, von Wien nach Italien und vertiefte dort seine Kenntnisse des Griechischen, so daß er die Werke des Ptolemäus über die Sternkunde (Almagest) neu erarbeiten konnte.
Nach sieben Jahren erst kehrte er nach Wien zurück und ging drei Jahre später nach Nürnberg, wo seine fruchtbarste Zeit liegt. Er errichtete die erste Sternwarte in Deutschland, erfand astronomische Instrumente und leitete eine Druckerei, deren Erzeugnisse, vor allem Ephemeriden und Kalender, ein Jahrhundert lang vorbildlich waren. Schon als Junge war ihm aufgefallen, daß die Tagundnachtgleiche des Frühlings – und das kann tatsächlich jedes Kind nachmessen – nicht mehr auf den 21. März fiel, wie es hätte sein sollen, sondern auf den 11. »Mertz« (im »Deutschen Kalender« von 1474, siehe Zinner 1937). Die Herbstäquinoktie, die auf den 23. September fallen sollte, lag nun neun Tage eher auf dem 14. »Herbstmonde«. Als Astronom war ihm diese Verschiebung gleichgültig, nicht aber dem Papst Sixtus II (er ist heute der IV, die ersten drei sind Heilige und recht spät eingeschoben), der sogleich erkannte, daß damit der Ostertermin falsch lag.
Dieser gelehrte Franziskaner war Professor an verschiedenen Universitäten gewesen, bevor er Papst wurde (von 1471 bis 1484) Er unternahm große Anstrengungen, einen Kreuzzug gegen die Türken auszulösen, um Konstantinopel zurückzugewinnen, was ihm aber nicht gelang. Mit ungeheurem Ehrgeiz ließ er Rom durch prächtige Bauten schmücken – die Sixtinische Kapelle ist nach ihm benannt – und gründete die Vatikanische Bibliothek. Die Einführung der Inquisition in Spanien 1478 geht auf ihn zurück.
Dieser umfassend gebildete Papst kannte alle Argumente, die seit Jahrzehnten gegen den gültigen Kalender erhoben wurden. Schon auf den Konzilien von Rom (1412) und Konstanz (1415) wurden sinnvolle Vorschläge zur Erneuerung des Kalenders gemacht. Sie kamen auch 1434 auf dem Basler Konzil wieder zur Verhandlung, weil Nikolaus Cusanus und Herman Zoestius darauf drängten, vor allem im Bewußtsein der eigenen Schwäche gegenüber den viel klügeren Heiden, wie sie betonten. Aber die Kurie konnte sich noch immer nicht entscheiden.
Cäsar hatte den ägyptischen »Canopus«- Kalender, der vielleicht auch damals nicht genau war, ohne Nachprüfung übernommen. Das wäre auch später zu verkraften gewesen. Schlimmer war der Gedanke, daß entweder die Himmelsuhr sich allmählich verändert hatte oder – Blasphemie, nur daran zu denken! – eine ruckartige Störung in der Zwischenzeit geschehen war. Gerhard von Cremona war aufgrund der ihm vorliegenden arabischen Abhandlungen zu eben diesem Schluß gekommen, daß Katastrophen immer wieder geschehen konnten. Regiomontanus verfaßte nun eine strenge Widerlegung dieses ketzerischen Gedankens (Dialogus contra Gerhardi Cremonensis in planetarum theoria deliramenta = Erwiderung auf die Theorie des Gerhard von Cremona über die herumirrenden Planeten, 1474 in Nürnberg gedruckt) und bewies an Hand der ptolemäischen Sterntafeln, daß dieser schon auf eine lange Tradition der Sternbeobachtung zurückgegriffen hatte und daß zumindest seit dem 3. Jahrhundert vor Christus die Erde ungestört ihre Bahn gezogen war. Das Planetenbild mit der Sonne als Mittelpunkt, das Kopernikus und Kepler später ausarbeiteten, ist hier in Weiterführung der Gedanken von Nikolaus Cusanus schon im Ansatz ausgebildet. Heute wären uns diese Überlegungen von Gerhard durchaus willkommen, aber unsere Wissenschaft ist katastrophistischen Szenarien längst entwöhnt.
Papst Sixtus jedenfalls berief den genialen Regiomontanus 1475 nach Rom zwecks Richtigstellung des Kalenders. Er gewährte dem großen Mathematiker jede erdenkliche Hilfe und nahm selbst an den Überlegungen teil. Mitten in dieser Arbeit starb der Königsberger 1476, angeblich an der Pest, vielleicht auch an Gift. Sein Nachfolger in Nürnberg war sein Schüler Walther, der die Planetenbeobachtungen fortsetzte, die noch heute als äußerst zuverlässig gelten. Aber auch er konnte bis zum Tod des mächtigen Auftraggebers keine Ordnung in die chaotischen Zustände bringen. Es zeigte sich nämlich, daß niemand Bericht geführt hatte über die Ereignisse an der Kurie, und daß weder eine verläßliche Liste der Päpste noch der Konzilien zu finden war. Alles mußte von Grund auf neu erstellt werden, aus Fragmenten, fehlerhaften Abschriften, Fälschungen und widersprüchlichen Dokumenten, die erst mühsam einzusammeln waren.
Eine erste Aufstellung der päpstlichen Pontifikatsjahre in AD-Jahren hatte schon Eugen IV, der seit 3. 3. 1431 Papst war, erarbeiten lassen. Damit war die Abwendung von der heidnischen Era-Zählweise auch kirchlicherseits vollzogen. Als objektives Dokument kann diese Liste jedoch nicht gelten, wie folgendes Beispiel unterstreicht: Auf dem Friedhof von Perugia liegen zahlreiche Päpste begraben, in einer Urne sogar zwei zusammen: Innozenz III und Martin IV. Die Rekonstruktion der Liste war so hastig verlaufen, daß man sich erst später über die Folgen und die nötigen Gräber Gedanken machen konnte. Martin IV starb 70 Jahre nach Innozenz III, dem berühmten Gründer des vatikanischen Kirchenstaates.
In den auf Eugen IV folgenden Generationen kamen Giftmorde an kirchlichen Würdenträgern recht häufig vor. Nicht immer ist klar, um welche Machtverhältnisse es dabei ging. Vielleicht spiegeln diese Taten auch Kämpfe innerhalb der Zeitrevision wider, denn deren Ergebnis würde ja für alle Zukunft den Weg der Kirche festlegen. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, ob das Schicksal des Regiomontanus vor diesem Hintergrund zu sehen sei; gewisse Ähnlichkeit besteht mit einem anderen großen Geist, dem Jesuiten Lacunza, der 1801 tot aufgefunden wurde, nachdem ihm seine – genau entgegengesetzte, nämlich katastrophistische – Weltanschauung Ärger mit der Kirche eingebracht hatte (Topper 1993, 359).
In der Renaissance hätte der Hinweis auf die immer wieder auftretenden kosmisch bedingten Katastrophen (die ja prinzipiell durch die Bibel bestens untermauert sind) das Problem der unterbrochenen Jahreszählung lösen können, aber nach der Weltuntergangshysterie des 13. und 14. Jahrhunderts war man froh, daß sich das Prinzip der geordneten Himmelsmechanik durchgesetzt hatte: Der ewige Frieden, den Gott dem Noah versprochen hatte, war zum Grundpfeiler der kirchlichen Dogmatik erklärt worden. Eigentlich glauben die meisten Wissenschaftler bis heute daran, obgleich Eiszeit und Kometenereignisse das Gegenteil erfordern müßten.



INHALT DES GANZEN BUCHS

Vorwort


Programm


Kapitel 1: Die zerbrochene Jahreszählung


Abschnitt 1: Seit Erschaffung der Welt
Abschnitt 2: Beginn der christlichen Jahreszählung: Regino von Prüm
Abschnitt 3: Die spanische ERA
Abschnitt 4: Das magische Jahr Tausendeins
Abschnitt 5: So wird eine Epoche geschaffen
Abschnitt 6: Die Entlarvung der spanischen ERA
Abschnitt 7: Der geniale Regiomontanus

Kapitel 2: Ist eine absolute Chronologie möglich?

Abschnitt 1: Warven, Ablagerungsschichten in schwedischen Seen
Abschnitt 2: Die Radiokarbonmethode verändert unser Geschichtsbild
Abschnitt 3: Ist die Karbonbestimmung wissenschaftlich?
Abschnitt 4: Sind Eisschichten datierbar?

Kapitel 3: Die Präzession als Zeitmaßstab

Abschnitt 1: Die Wanderung des Frühlingspunktes als Zeitberechnungsfaktor
Abschnitt 2: Wer schrieb das Almagest?
Abschnitt 3: Die neue Lösung: Der Zeitabstand stimmt nicht
Abschnitt 4: Finsternisse im Mittelalter
Abschnitt 5: Resignation?

Kapitel 4: Der Hebel von außen

Abschnitt 1: Die Frankengeschichte des Persers Raschid
Abschnitt 2: Das heidnische Königsbuch der Perser
Abschnitt 3: Der Sieger Mahmud
Abschnitt 4: Die Eroberer Indiens und ihre Zeitzählung
Abschnitt 5: Der Streit der Parsen in Indien
Abschnitt 6: Die Randgebiete Japan und Tibet
Abschnitt 7: Rom in China
Abschnitt 8: Chinesische Astronomie
Abschnitt 9: Geschichtsschreibung der Tang-Dynastie

Kapitel 5: Ausbreitung des Islam

Abschnitt 1: Im Kernland des Islam
Abschnitt 2: Verschiebung zweier Zeitskalen
Abschnitt 3: König Geiserich, der Eiferer
Abschnitt 4: Die rätselhaften Imasiren
Abschnitt 5: Gleichsetzung
Abschnitt 6: Der purpurgeborene Kaiser von Byzanz
Abschnitt 7: Wikinger oder die Emporien des Nordens
Abschnitt 8: Die Geburt des Fegefeuers
Abschnitt 9: Der Zeitsprung der Siebenschläfer

Kapitel 6: Wann entstand unsere Bibel?

Abschnitt 1: Das Alte Testament
Abschnitt 2: Neues Testament
Abschnitt 3: Mysterienspiele
Abschnitt 4: Annäherung
Abschnitt 5: Die Texte

Kapitel 7: Die Werkstatt der Humanisten

Abschnitt 1: »Renaissance«
Abschnitt 2: Roswitha von Gandersheim, die deutsche Nonne
Abschnitt 3: Der erotische Esel des Apuleius
Abschnitt 4: Tacitus und seine Germania
Abschnitt 5: Marc Aurel, der christliche Kaiser
Abschnitt 6: Die großen Fälscher
Abschnitt 7: Der Fundamentalist Erasmus von Rotterdam
Abschnitt 8: Die fabulöse Geschichte des Higuera

Kapitel 8: Bereinigung

Abschnitt 1: »Le dénicheur de saints«
Abschnitt 2: Harduinus
Abschnitt 3: Der Jesuit Germon
Abschnitt 4: Die Bollandisten
Abschnitt 5: Neue Ansätze in unserer Zeit
Abschnitt 6: Der Sprachforscher Baldauf
Abschnitt 7: Kammeiers Begriff der »Großen Aktion«

Kapitel 9: Chronologenprobleme

Abschnitt 1: Chronologiearbeit
Abschnitt 2: Weitere Gesichtspunkte zur Geschichtsrekonstruktion
Abschnitt 3: Vorwärtsstrategien?

Neue Aufgaben

Literatur


Stichwortverzeichnis


Uwe Topper als Katastrophist