Uwe Topper






Die Große Geschichtsfälschung


Verkürzte Weltzeit


Durchbruch durch den geschichtlichen Zeitstrahl






Berlin, Januar 2000



Manuskript












INHALT



Vorwort


Programm


Kapitel 1: Die zerbrochene Jahreszählung


Abschnitt 1: Seit Erschaffung der Welt
Abschnitt 2: Beginn der christlichen Jahreszählung: Regino von Prüm
Abschnitt 3: Die spanische ERA
Abschnitt 4: Das magische Jahr Tausendeins
Abschnitt 5: So wird eine Epoche geschaffen
Abschnitt 6: Die Entlarvung der spanischen ERA
Abschnitt 7: Der geniale Regiomontanus

Kapitel 2: Ist eine absolute Chronologie möglich?

Abschnitt 1: Warven, Ablagerungsschichten in schwedischen Seen
Abschnitt 2: Die Radiokarbonmethode verändert unser Geschichtsbild
Abschnitt 3: Ist die Karbonbestimmung wissenschaftlich?
Abschnitt 4: Sind Eisschichten datierbar?

Kapitel 3: Die Präzession als Zeitmaßstab

Abschnitt 1: Die Wanderung des Frühlingspunktes als Zeitberechnungsfaktor
Abschnitt 2: Wer schrieb das Almagest?
Abschnitt 3: Die neue Lösung: Der Zeitabstand stimmt nicht
Abschnitt 4: Finsternisse im Mittelalter
Abschnitt 5: Resignation?

Kapitel 4: Der Hebel von außen

Abschnitt 1: Die Frankengeschichte des Persers Raschid
Abschnitt 2: Das heidnische Königsbuch der Perser
Abschnitt 3: Der Sieger Mahmud
Abschnitt 4: Die Eroberer Indiens und ihre Zeitzählung
Abschnitt 5: Der Streit der Parsen in Indien
Abschnitt 6: Die Randgebiete Japan und Tibet
Abschnitt 7: Rom in China
Abschnitt 8: Chinesische Astronomie
Abschnitt 9: Geschichtsschreibung der Tang-Dynastie

Kapitel 5: Ausbreitung des Islam

Abschnitt 1: Im Kernland des Islam
Abschnitt 2: Verschiebung zweier Zeitskalen
Abschnitt 3: König Geiserich, der Eiferer
Abschnitt 4: Die rätselhaften Imasiren
Abschnitt 5: Gleichsetzung
Abschnitt 6: Der purpurgeborene Kaiser von Byzanz
Abschnitt 7: Wikinger oder die Emporien des Nordens
Abschnitt 8: Die Geburt des Fegefeuers
Abschnitt 9: Der Zeitsprung der Siebenschläfer

Kapitel 6: Wann entstand unsere Bibel?

Abschnitt 1: Das Alte Testament
Abschnitt 2: Neues Testament
Abschnitt 3: Mysterienspiele
Abschnitt 4: Annäherung
Abschnitt 5: Die Texte

Kapitel 7: Die Werkstatt der Humanisten

Abschnitt 1: »Renaissance«
Abschnitt 2: Roswitha von Gandersheim, die deutsche Nonne
Abschnitt 3: Der erotische Esel des Apuleius
Abschnitt 4: Tacitus und seine Germania
Abschnitt 5: Marc Aurel, der christliche Kaiser
Abschnitt 6: Die großen Fälscher
Abschnitt 7: Der Fundamentalist Erasmus von Rotterdam
Abschnitt 8: Die fabulöse Geschichte des Higuera

Kapitel 8: Bereinigung

Abschnitt 1: »Le dénicheur de saints«
Abschnitt 2: Harduinus
Abschnitt 3: Der Jesuit Germon
Abschnitt 4: Die Bollandisten
Abschnitt 5: Neue Ansätze in unserer Zeit
Abschnitt 6: Der Sprachforscher Baldauf
Abschnitt 7: Kammeiers Begriff der »Großen Aktion«

Kapitel 9: Chronologenprobleme

Abschnitt 1: Chronologiearbeit
Abschnitt 2: Weitere Gesichtspunkte zur Geschichtsrekonstruktion
Abschnitt 3: Vorwärtsstrategien?

Neue Aufgaben

Literatur


Stichwortverzeichnis




Vorwort



Die in diesem Buch zusammengefaßten Thesen und Entwürfe entstammen der deutschen Gruppe der »Neuen historischen Schule« (seit 1980), die danach als »Rekonstrukteure der Menschheits- und Naturgeschichte« oder neuerdings als »Chronologie-Kritiker« bezeichnet werden. Einen Überblick über diese Personen und ihre Arbeiten bringt das neue Buch von Eugen Gabowitsch (in Vorbereitung). Die von mir hier dargestellten Gedanken berufen sich überall da, wo ich Kollegen zitiere, auf deren Arbeiten, ansonsten stellen sie meine persönliche Meinung dar, die von denen der Kollegen stellenweise erheblich abweicht.
Eine Einbeziehung der russischen Arbeiten der Gruppe um Anatolij Fomenko konnte ich nicht durchführen, da ich des Russischen nicht mächtig bin und auch die englischen Ausgaben der Bücher dieser Forschungsgruppe noch nicht kenne.
Es könnte in wissenschaftlicher Hinsicht vorteilhaft sein, daß die von mir dargestellten Gedanken der deutschen Chronologiekritik weitgehend unabhängig von anderen Schulen sind und somit stellenweise jene anderen Arbeiten unterstützen.
Da ich in den letzten Jahren sehr intensiv geforscht habe, versteht es sich, daß der in meinen beiden deutschen Büchern (Die Große Aktion 1998 und Erfundene Geschichte 1999) dargestellte Wissensstand schon veraltet ist und mit der hier dargebotenen Zusammenfassung nicht in allen Punkten mehr übereinstimmt.

Berlin, im Januar 2000


Danksagung:

Meinem Sohn Alexander Topper danke ich für die technische und mathematische Mithilfe.


Anmerkung:

Fremdsprachige Zitate sind – wenn nicht anders vermerkt – vom Autor übersetzt.


Programm



Zehn Punkte vorweg: Wovon handelt dieses Buch und was darf nicht erwartet werden?

1. Unsere frühmittelalterliche und spätantike Geschichte ist völlig ausgedacht; sie hat nur einen losen Bezug zu irgendwelchen Vorkommnissen, von denen wir keine Kenntnis mehr haben. Weder die Zeitabstände noch die angeblichen Ereignisse unserer Geschichtsschreibung haben irgendeine Beziehung zur Realität. Romane wie Parzifal oder Epen wie das Siegfriedslied sind genauso wirklichkeitsnah wie die offzielle Geschichtsschreibung des Mittelalters, die jene literarischen Zeugnisse ins Reich der Phanatsie verbannt hat.

2. Zwischen antikem Heidentum und hochmittelalterlichem Christentum liegt eine fremde Weltanschauung, die sich uns nur schwer erschließt aus den spärlichen Figurenresten an Bauwerken, aus architektonischen Einzelheiten und versteckt erhaltenen Überlieferungen. Der Zeitraum, der dafür anzusetzen ist, kann keineswegs auf 700 oder 800 Jahre ausgedehnt werden, wie die Schulbücher uns lehren, sondern müßte sich in wenigen Generationen abgespielt haben. Zwischen dem Ende der Antike (klassisch um 450 AD) und dem christlichen Hochmittelalter (1260) liegen möglicherweise nur drei Jahrhunderte. Da wir diese Zeit nicht mehr vorurteilsfrei erkennen können, muß sie uns dunkel bleiben.

3. Die christliche Geschichtsschreibung hat für die Zeit des Mittelalters eigene Zeitrechnungssysteme entwickelt. Im Laufe der Entstehung schälten sich verschiedene Skalen heraus, die Unterschiede von mehreren Jahrhunderten aufwiesen. In einigen Darstellungen konnten diese Fehler bis heute nicht korrigiert werden. In zahlreichen Geschichtssystemen ist die Diskrepanz der Skalen erkennbar und hat zu absonderlichen Verschiebungen geführt. Aus diesen unkoordinierten Ergebnissen ist die theologisch bedingte Form der Geschichtsschreibung ablesbar geworden. Daraus haben einige Wissenschaftler der »Neuen Historischen Schule« eine Neuordnung der Ereignisse abgeleitet.

4. Diese Neuzuordnungen haben sich großenteils als ebenso fiktiv und erdacht erwiesen wie das bisher bestehende Geschichtsbild. Auch die Vergleiche mit außereuropäischen Geschichtsschreibungen ergeben kein verläßlich Bild, da diese fremden Chroniken von der christlichen Theologie kontaminiert sind.

5. Die neue Vorgehensweise besteht nun daran, nicht mehr bei einem fiktiven Zeitpunkt »Jahr 1» anzufangen, sondern rückwärtsschreitend von heute aus das Gelände zu erkunden: Wir gehen hundert oder dreihundert Jahre zurück, finden verschiedene Zeugnisse, die uns zuverlässig erscheinen und sich bruchlos ins Bild fügen. Wir schreiten weitere Jahrhunderte rückwärts, bis wir einen Punkt erreichen, wo selbst grobe Aussagen – etwa: welcher Kaiser regierte damals in Deutschland, von wann bis wann und wo ? – nicht mehr vertrauenswürdig zu beantworten sind. Hier ist eine Schwelle überschritten, die von der Geschichte zur Vorgeschichte führt. Weiter zurückreichende Ereignisse stehen wohl noch wie Inseln in einer seichten Lagune, man kann Brücken schlagen und Stege anlegen, um sie zu verbinden; aber es wird zunehmend schwieriger, den tatsächlichen Vorgang zu rekonstruieren. Wir begeben uns aufs offene Meer, wo nur noch freie Navigation, also reine Phanatsie, zu einem Ufer führt.

6. Dieser rückwärtsweisende Gang durch die Geschichte zur Vorgeschichte wird dadurch erschwert – oder scheinbar erleichtert – daß wir zahlreiche Angaben haben, von denen wir glauben, daß sie bezeugt seien. Bei näherem Hinsehen erweisen sie sich als ausgedacht oder zumindest dermaßen entstellt, daß sie nicht als Fakten verwertbar sind. Diese Aussiebung der Dokumente geschieht mit Hilfe von archäologischen Funden wie Bauten, Inschriften, Münzen, Ausgrabungsschichten und dergleichen. Sie könnte uns den Weg weisen, wenn wir in der Lage wären, diese Artefakte zeitlich korrekt einzuordnen. Dazu benötigen wir eine unabhängig erstellte technische Methode zur Feststellung des absoluten Alters eines Gegenstandes, also etwa die Aussage, wieviele Jahre es her ist, seit ein bestimmter Stein von Handwerkern behauen und in einem Bauwerk verwendet wurde.

7. Eine derartige Methode gibt es zur Zeit noch nicht. Die gängigsten Versuche in dieser Richtung werde ich vorstellen und ihren offensichtlichen Unsinn aufzeigen: Ablagerungsschichten an Seerändern, Baumringe, Kohlenstoffbestimmung, Eisschichten in der Arktis, Himmelsmechanik auf Grund astronomischer Aufzeichnungen. Keine dieser Methoden gibt uns eine zuverlässige Antwort, nicht einmal annäherungsweise.

8. Das führt zu der Frage, wie denn unsere scheinbar so sichere Jahreszählung, die heute weltweit verbreitet ist, zustande kam. Was gibt uns die Gewißheit, daß seit der Zeit des römischen Kaisers Augustus 2000 Jahre vergangen sind?
Da sich leicht nachweisen läßt, daß in dieser Zeitskala – Anno Domini – Fehler in der Größenordnung von mehreren Jahrhunderten aufgetreten sind, was übrigens immer bekannt war, ergibt sich die Forderung nach einer neuen Zeitskala, die uns rückwärtsreichend mit unserer Vorgeschichte und der Geschichte der antiken Völker verbindet.
Diese Forderung wird in dem vorliegenden Buch nicht erfüllt. Die bisher üblichen Jahreszahlen werden weiterhin verwendet als Orientierungshilfe, denn ohne Zeitstrahl läßt sich Geschichte nicht schreiben. Es können nur die willkürlichen Verschiebungen gezeigt werden.

9. Auf die Frage, wie es denn zu so groben Fehlern kommen konnte und warum weder wir noch unsere Nachbarn verläßliche Überlieferungen besitzen, die weiter als tausend Jahre zurückreichen, soll am Schluß des Buches versuchsweise geantwortet werden.

10. Fragen, die in diesem Zusammenhang häufig gestellt werden, aber dennoch völlig irrelevant sind, sollen hier gleich genannt und ausgeschieden werden: Wie konnte es passieren, daß »die ganze Welt« heute diese »falsche« Zeitrechnung benützt? Welche ungeheure Verschwörung hat da stattgefunden? Keine. Sie ergab sich im Laufe der Zeit. Es hätten sich ebensogut andere Zeitrechungssysteme und deren Geschichtsbilder durchsetzen können. Der Wert oder gar die religiöse Korrektheit dieser Zeitrechnungssysteme wird hier nicht erörtert. Es soll auch nicht der Vorschlag gemacht werden, eine neue, »richtige« Jahreszählung einzuführen. Nicht die tatsächlich abgelaufene Geschichte des ersten Jahrtausends unserer Zeitrechung soll neu erstellt werden, sondern es soll der Vorgang beschrieben werden, der zu unerer heutigen Jahreszählung und unserem Geschichtsbild geführt hat.
Das allein schon ist umwerfend und spannend genug.